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Veronika Movchan, Woldemar Walter

WTO-Beitritt Usbekistans: Auswirkungen der Zollliberalisierung

Der Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) ist eine wirtschaftspolitische Priorität Usbekistans. Der Beitritt impliziert die Senkung der Einfuhrzölle, was erhebliche Auswirkungen auf die usbekische Wirtschaft haben wird. Wir analysieren diese Auswirkungen anhand eines angewandten allgemeinen Gleichgewichtsmodells (engl. CGE) für Usbekistan. Wir zeigen, dass Usbekistan von einer Zollliberalisierung profitieren würde. Eine einheitliche Senkung der Zölle um 80%, die einer vollständigen Liberalisierung nahekommt, würde zu einem Anstieg des realen BIP-Wachstums um 0,4% pro Jahr führen.

  • Usbekistan
NL 22 | Januar - Februar 2023
Außenhandel und regionale Integration

Gleichzeitig werden die Auswirkungen ungleich auf die einzelnen Sektoren verteilt sein. Einige Sektoren werden von der Zollliberalisierung profitieren, wie z.B. die Metallerzeugung, während andere, wie z.B. der Automobilbau, einem verstärkten Wettbewerb durch Importe ausgesetzt sein werden.

Änderung des Handelsregimes durch die WTO

Usbekistan verhandelt derzeit über den Beitritt zur WTO. Dieser Schritt hat in der Regel erhebliche Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft, da Handelsschranken, insbesondere Zölle, abgebaut werden. Derzeit verwendet das Land drei Handelsregime. Mit zehn GUS-Ländern hat Usbekistan Freihandelsabkommen abgeschlossen.

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Darüber hinaus hat das Land bilaterale so genannte Meistbegünstigungsabkommen mit 47 Partnern, darunter die 27 EU-Mitgliedstaaten, China, die USA und die Türkei. Meistbegünstigungszölle sind Zölle, die WTO-Mitglieder gegenüber anderen Mitgliedern anwenden. Für den Handel mit allen anderen Ländern verwendet Usbekistan den vollen Zollsatz. Etwa ein Drittel der usbekischen Exporte fällt jeweils unter den Freihandels-, den Meistbegünstigungs- und den vollen Zollsatz. Bei den Importen fallen 42% unter den Freihandel, 55% unter den Meistbegünstigungs- und die restlichen 3% unter den vollen Zollsatz. Diese Anteile sind wichtig, da sie zeigen, wie sehr sich die Bedingungen für den derzeitigen Handel Usbekistans ändern werden. Die WTO-Mitgliedschaft wird sich wie folgt auf das derzeitige Handelsregime auswirken:

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Durch den WTO-Beitritt wird sich der Zugang Usbekistans zu den Märkten seiner Handelspartner kaum ändern, gleichzeitig werden die Zollsätze für 56% der derzeitigen Importe entsprechend der getroffenen Vereinbarungen abgesenkt.

Die Analysemethode

Wir verwenden ein angewandtes allgemeines Gleichgewichtsmodell (engl. Computable General Equilibrium Model – CGE) für Usbekistan, um die Auswirkungen der durch die WTO-Mitgliedschaft herbeigeführten Zollliberalisierung auf die Wirtschaft des Landes zu analysieren. Dies ist ein Standardinstrument zur Bewertung von Veränderungen in der Handelspolitik. Es hat allerdings einige starke Annahmen:

Zeitliche Dimension: Das Modell ist statisch und bewertet die langfristigen Auswirkungen politischer Veränderungen, nicht aber den Anpassungspfad.

Ceteris-paribus-Prinzip: Das Modell berücksichtigt keine weiteren möglichen wirtschaftlichen Schocks, wie Steueränderungen, globale Preisschocks, neue Technologien usw., die die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen.

Wirtschaftsstruktur: Alle Sektoren sind kompetitiv und haben konstante Skalenerträge; das Modell berücksichtigt keine technologischen Veränderungen.

Produktionsfaktoren: Die Menge der Produktionsfaktoren ist fest; alle Produktionsfaktoren werden vollständig genutzt und sind mobil, mit Ausnahme des Kapitals im Bergbau.

Aufgrund des Designs hat das Modell immer Gewinner und Verlierer. Der Zuwachs in einem Sektor kann nur durch die Anziehung von Produktionsfaktoren aus anderen Sektoren realisiert werden. In der Realität würden technologische Verbesserungen oder der Einsatz zusätzlicher Faktoren, z.B. Wachstum der Anzahl der Beschäftigten oder die Anziehung ausländischer Direktinvestitionen, den Schock abmildern. Die Modellergebnisse sollten mit großer Vorsicht interpretiert werden: Sie enthalten eine langfristige Bewertung der Auswirkungen politischer Veränderungen innerhalb des betrachteten Szenarios und stellen keine Prognose dar.

Auswirkungen des WTO-Beitritts

Wir haben mehrere Szenarien für die Senkung der Einfuhrzölle analysiert, von einer Senkung um 20% bis zu einer Senkung um 80%. Unsere Berechnungen zeigen, dass die mit dem WTO-Beitritt verbundene Liberalisierung des Außenhandels zu einem Wachstum des realen BIP und des Wohlstands der usbekischen Bevölkerung führt. Je nach Szenario führen die reduzierten Zölle zu einem Anstieg des realen BIP um bis zu 0,4% pro Jahr im Vergleich zum Basisszenario. Der Wohlstand der Haushalte erhöht sich um bis zu 0,9% pro Jahr. Der WTO-Beitritt wird das Lohnwachstum steigern und gleichzeitig zu einer Verlangsamung der Inflation beitragen, was den Verbrauchern zugutekommt.

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Die wichtigsten Faktoren hinter dieser Entwicklung sind niedrigere Preise für den Import von Investitions- und Zwischenprodukten und die Umverteilung von Produktionsfaktoren in wettbewerbsfähigere Wirtschaftssektoren. Die Auswirkungen des WTO-Beitritts werden sich ungleichmäßig auf die einzelnen Sektoren verteilen. Die höchsten Produktionszuwachsraten werden für die Metallerzeugung und -verarbeitung, die Landwirtschaft und den Dienstleistungssektor erwartet. Der stärkste Anstieg der Exporte wird in der Metallerzeugung und ‑verarbeitung, dem Automobilbau und dem Maschinenbau erwartet. Die stärkste Zunahme der Importe wird bei Automobilen, Gummi und Kunststoffen erwartet, was Wettbewerbsdruck auf die inländische Produktion ausüben wird.

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Fazit

Die Analyse der WTO-bedingten Zollliberalisierung zeigt, dass dieser politische Schritt der usbekischen Wirtschaft und Bevölkerung zugutekommen würde. Das Land wird seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern, während die Haushalte von einer größeren Produktvielfalt, einem höheren Lohnwachstum und einer geringeren Inflation profitieren werden. Entscheidende Kanäle sind dabei billigere Materialien und Vorprodukte sowie die Umverteilung von Produktionsfaktoren in wettbewerbsfähigere Sektoren, die die Industrie zur Steigerung ihrer Effizienz zwingen. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen – einschließlich Umschulungen und Weiterbildungen – wären empfehlenswert, um die verstärkte Mobilität von Arbeitskräften in wettbewerbsfähigere Sektoren zu unterstützen.

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Dieser Newsletter basiert auf der Policy Study “The CGE modelling of the impact of Uzbekistan’s WTO accession: the change in import duties”.