Chancen für die IT-Branche durch Zuzug ausländischer Fachkräfte
Der starke Zustrom ausländischer IT-Fachkräfte in der jüngsten Vergangenheit bietet ein großes Potenzial, die Entwicklung der IT-Industrie Armeniens und Georgiens zu beschleunigen. Kurzfristig bestehen die vielversprechendsten Möglichkeiten für beide Länder in der Unterstützung und Integration von Unternehmensverlagerungen in das IT-Ökosystem, wodurch Spillover-Effekte entstehen. Im Vergleich dazu scheint das Gründungs- und das Rekrutierungspotenzial für lokale Unternehmen begrenzt zu sein. In beiden Ländern ist ein umfassender Ansatz in Bezug auf die geografische Ausrichtung und das Spektrum der Förderinstrumente erforderlich.
Das Maßnahmenpaket sollte kurzfristige Initiativen – wie die Ausweitung von Vermittlungs- und Matchmaking-Formaten – mit langfristigen Maßnahmen, einschließlich kooperativer Bildungs- und Ausbildungsprogramme, kombinieren. Insbesondere in Georgien muss der Stärkung des vergleichsweise jungen IT-Ökosystems angemessene Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit Spillover-Effekte absorbiert werden können.
Erheblicher Zustrom von IT-Talenten in beiden Ländern
Offizielle Statistiken und Erhebungen bestätigen einen erheblichen Zustrom von IT-Fachkräften sowohl in Armenien als auch in Georgien. Auf der Grundlage von Regierungsstatistiken schätzt GET, dass seit dem 24. Februar 2022 etwa 55.000 Bürger aus Russland und Belarus nach Armenien und etwa 100.000 nach Georgien gekommen sind. Erhebungen, die CRRC im Auftrag von GET unter den zugezogenen Bürgern durchführte, zeigen ein hohes Qualifikations- und Beschäftigungsniveau. Die IKT-Branche spielt mit einem Beschäftigungsanteil von 37% in Armenien und 44% in Georgien eine führende Rolle.
Potenziale für die Entwicklung der IT-Branche
Grundsätzlich kann ein Zustrom von IT-Talenten auf verschiedene Weise genutzt werden, um die Entwicklung der IT-Branche in einem Land zu beschleunigen. Er kann genutzt werden, um Verlagerungs- und (Re-)Investitionsprojekte anzuziehen und auszuweiten, von denen Spillover-Effekte ausgehen. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Förderung von Startups und Gründungen durch zugezogene IT-Fachkräfte. Darüber hinaus können lokale Unternehmen bei der Rekrutierung ausländischer IT-Fachkräfte unterstützt werden, um den Wissenstransfer und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Möglichkeiten zur Nutzung des Zustroms von IT-Talenten
Chancen durch Verlagerungen und (Re-)Investitionen
Wie die Interviews mit IT-Unternehmen und Experten bestätigten, bietet die beschleunigte Umsetzung und Integration von Verlagerungsprojekten in das IT-Ökosystem in beiden Ländern kurzfristig das größte Potenzial. Die Mehrheit der IT-Fachkräfte zog im Rahmen von Unternehmensverlagerungen nach Armenien und Georgien. Diese können einen wichtigen Beitrag zur Kompetenzentwicklung und Innovationsdynamik leisten. IT-bezogene FDI-Aktivitäten haben bereits vor einigen Jahren zugenommen, zunächst in Armenien, dann etwas später in Georgien – unter anderem begünstigt durch die Einführung des „International Company“-Programms im Jahr 2020. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine hat sich die Verlagerungsdynamik beschleunigt. Ein wesentlicher Teil der Verlagerungen aus Russland wird von westlichen Investoren durchgeführt.
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Um die Projekte an den Standort zu binden und auszubauen und von Spillover-Effekten zu profitieren, müssen die Verflechtungen gestärkt werden. Die Interaktion zwischen ausländischen Investoren, die auch die meisten ihrer Mitarbeiter mitgebracht haben, und der lokalen IT-Community ist noch recht begrenzt. Dies gilt insbesondere für Georgien, da das IT-Ökosystem im Vergleich zu dem in Armenien kleiner ist und sich in einem früheren Entwicklungsstadium befindet. Weitere Herausforderungen, auf die in diesem Zusammenhang hingewiesen wurden, betreffen die derzeitigen Visaregelungen in Georgien, die keine langfristige Perspektive für die zugezogenen IT-Spezialisten bieten. Aufgrund der Mitgliedschaft in der Eurasischen Wirtschaftsunion sind in Armenien visumbezogene Fragen weniger relevant. Engpässe und hohe Preise bei Büro- und Wohnimmobilien wurden hier als die größeren Sorgen genannt. In beiden Ländern haben ausländische IT-Firmen und -Spezialisten teilweise noch Schwierigkeiten mit Verwaltungsverfahren und Onboarding-Aspekten.
Begrenztes Gründungs- und Rekrutierungspotenzial
Im Vergleich dazu scheint das Gründungs- und Einstellungspotenzial in beiden Ländern begrenzt zu sein – zumindest auf kurze Sicht. Den Interviews zufolge verfügt die Mehrheit der neu angesiedelten Startups und Gründungsinteressierten nicht über skalierbare Geschäftsmodelle oder Ideen. Es besteht die Erwartung, dass ein erheblicher Teil der IT-Freiberufler und Startups in andere Länder weiterziehen wird. Auch die lokalen Interviewpartner äußerten sich skeptisch über das Rekrutierungspotenzial. Die Mehrheit der ausländischen IT-Spezialisten ist im Rahmen von Standortverlagerungen nach Armenien und Georgien gezogen und sucht – zumindest derzeit – keine Anstellung in lokalen Unternehmen. Außerdem sind die Gehälter, die von verlagerten Unternehmen angeboten werden, in der Regel höher.
Relevante internationale Erfahrungen
Mit Blick auf internationale Erfahrungen stellt ein solcher Zustrom von Fachkräften im Verhältnis zur Größe der vorhandenen IT-Community eine ziemlich einzigartige und beispiellose Entwicklung dar. Nichtsdestotrotz lassen sich eine Reihe relevanter Fördermaßnahmen identifizieren, die kürzlich von anderen Ländern eingeführt wurden, um IT-Talente, Startups und Investitionen anzuziehen und an den Standort zu binden.
Überblick über relevante Fördermaßnahmen
In der jüngeren Vergangenheit werden zunehmend komplexere Maßnahmen eingesetzt, die verschiedene Arten von Interventionen kombinieren. Dies gilt in diesem Zusammenhang für virtuelle IT-Parks (C.) sowie spezialisierte Zonen und Parks (G.). Im Falle der virtuellen IT-Parks werden Steueranreize beispielsweise durch besondere Visaregelungen und Vernetzungsformate ergänzt.
Empfohlene Maßnahmen
Grundsätzlich deuten die Ergebnisse auf ein vielversprechendes Potenzial zur Beschleunigung der Entwicklung als IT-Standorte für beide Länder hin. Die Erschließung dieses Potenzials erfordert einen umfassenden Ansatz – in Bezug auf die geografische Ausrichtung und das Spektrum der Handlungsfelder und Instrumente – zur Verbesserung der Value Proposition und Profilierung der Länder. Insbesondere in Georgien ist es wichtig, der Stärkung des IT-Ökosystems, das sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, angemessene Aufmerksamkeit zu schenken. Andernfalls wird die Fähigkeit, die Spillover-Effekte zu absorbieren, begrenzt sein. In beiden Ländern sollten bedarfsorientierte Aftercare- und Facilitation-Services Kernelemente des Maßnahmenpakets sein. Aufbauend auf bestehenden Initiativen sollten die Onboarding-Services ausgeweitet und das Spektrum der Vermittlungsformate erweitert werden, um verlagerte Unternehmen und neue Investoren mit der lokalen IT-Community zusammenzubringen. Gemeinsame Bildungs- und Ausbildungsprogramme sollten weitere Kernelemente der Maßnahmenpakete in beiden Ländern bilden. Unter Berücksichtigung des länderspezifischen Kontextes sollten diese gemeinsamen Kernelemente in Armenien durch die Entwicklung spezialisierter Technologieparks auf der Grundlage gründlicher Machbarkeitsstudien und einer klaren Rollenverteilung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor ergänzt werden. Im Falle Georgiens sollte ein zusätzlicher Schwerpunkt auf der Einführung einer speziellen IT-Aufenthaltsgenehmigung liegen, die ausländischen IT-Fachkräften einen verlässlichen Weg zum Verbleib im Land bietet und sowohl angestellte IT-Spezialisten als auch Freiberufler abdeckt.
Dieser Newsletter basiert auf den Policy Briefings „Policy measures to tap the potential of relocations of foreign IT companies and talent“ für Armenien und Georgien.