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Pavel Bilek und Dinara Saparova

Armeniens Bergbausektor: Status quo und jüngste Entwicklungen

Der Metall- und Bergbausektor spielt eine wichtige Rolle in der armenischen Wirtschaft und trägt in erheblichem Maße zu den Exporteinnahmen sowie zum Staatshaushalt durch eine Mischung aus Steuern und Abgaben der Unternehmen bei. Der Sektor ist jedoch mit erheblichen Problemen konfrontiert, u. a. in Bezug auf steuerliche, ökologische und verwaltungstechnische Aspekte. Auch sind die Vorwärtsverknüpfungen unterentwickelt, wodurch es an nachgelagerter ressourcenbasierter Wirtschaftsentwicklung mangelt. Um viele dieser Probleme anzugehen, hat die Regierung kürzlich die Bergbaustrategie 2035 verkündet, welche die Bedeutung des Sektors bekräftigt und darauf abzielt, viele seit langem bestehende Probleme zu lösen.

  • Armenien
NL 14 | November - Dezember 2023
Außenhandel und regionale Integration
Energie und Klima

Aufgrund der anhaltenden Bedeutung des Metall- und Bergbausektors für die armenische Wirtschaft gibt dieser Newsletter einen Überblick über die aktuelle Lage im Sektor sowie dessen jüngste Entwicklungen.

Einführung und sektoraler Überblick

Armenien verfügt über ein breites Spektrum an Bodenschätzen, wobei sich die Produktion hauptsächlich auf Kupfer, Molybdän und Gold (neben anderen) konzentriert. Im Jahr 2021 war Armenien mit einem Anteil von 4% an der weltweiten Molybdänproduktion, aber nur 0,4% bzw. 0,1% an der weltweiten Kupfer- und Goldproduktion, ein relativ kleiner Bergbauproduzent. Armenien hat daher kaum Einfluss auf die Weltmarktpreise, insbesondere auf den sehr liquiden und international gehandelten Kupfer- und Goldmärkten.

Während die Anzahl der aktiven Minen je nach Quelle variiert, sind etwa 26 Unternehmen im armenischen Bergbausektor vertreten, wobei das Zangezur Copper Molybdenum Combine (ZCMC) den Großteil der Gesamtproduktion im Jahr 2021 ausmachte. Viele der im Sektor tätigen Unternehmen befinden sich zu einem gewissen Grad im Besitz von russischen Unternehmen. So befindet sich ZCMC größtenteils im Besitz von Geopromining Armenia und die Teghut-Mine gehört der russischen Bank VTB. Auch die Regierung ist am Bergbausektor beteiligt, mit Anteilen von rund 25% an ZCMC (die teilweise vom russischen Mehrheitseigentümer verschenkt wurden) und den kürzlich erworbenen 12,5% an der großen Goldmine Amulsar von Lydian Armenia.

In der jüngeren Vergangenheit traten im Sektor mehrere Probleme auf, darunter Arbeitsniederlegungen an verschiedenen Standorten aufgrund von Umwelt- und Sicherheitsproblemen (vor allem wegen der Nähe zu kriegsbetroffenen Gebieten).

Wirtschaftlicher Beitrag des Bergbausektors

In 2021/2022 trug der Bergbausektor 5,5% bzw. 3,8% zum BIP bei, wobei der Anteil der Mineralienrenten am BIP in 2022 mit rund 6,8% deutlich über dem weltweiten Durchschnitt von 0,8% lag. Berücksichtigt man auch das relevante verarbeitende Gewerbe, so machte der gesamte Sektor zwischen 2018 und 2022 durchschnittlich 28% der gesamten Industrieproduktion aus und erreichte 2022 einen Output von 1,6 Mrd. USD.

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Der Exportwarenkorb wird traditionell dominiert von meist rohen, unverarbeiteten Mineralien. Zwischen 2018 und 2022 machten allein Kupfer, Molybdän und Gold 30% aller Exporteinnahmen aus, wobei die Exporte dieser drei Metalle von 700 Mio. USD in 2018 auf        1,2 Mrd. USD in 2022 gestiegen sind.

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Die Zielländer der armenischen Rohstoffexporte sind nicht besonders diversifiziert. In 2022 gingen 42% der Kupfer- und 52% der Molybdänexporte nach China, und über 61% aller Goldexporte in die Vereinigten Arabischen Emirate.

Der Bergbausektor trug 2022 mit über 340 Mio. USD rund 7% der Staateinnahmen bei. 55% davon stammten aus Lizenzgebühren und 27% aus der Gewinnsteuer für Unternehmen. Mehr als 11.000 Arbeitnehmer sind im Bergbausektor beschäftigt (1,6% der gesamten Erwerbsbevölkerung), wobei die Durchschnittslöhne im Bergbausektor mehr als 210% über dem nationalen Durchschnitt liegen, aber immer noch unter internationalen Vergleichswerten.

Armeniens Bergbausektor ist für ausländische Direktinvestitionen und den Besitz ausländischer Investoren entlang der gesamten Wertschöpfungskette offen. In 2022 betrug der Anteil der Netto-Direktinvestitionen in den Bergbausektor rund 30%. Jedoch ist dieser Anteil stark konzentriert und wird von Russland dominiert. Aufgrund der Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, reinvestierten die russischen Investoren die Gewinne größtenteils erneut in den Sektor.

Vision des Sektors und Rechtsrahmen

Der Bergbausektor, ein wichtiger Bestandteil der armenischen Wirtschaftslandschaft, wird durch eine Reihe zentraler Vorschriften reguliert. In 2023 wurde mit der Einführung der Bergbaustrategie 2035, in der eine Vision für den Sektor dargelegt wird, eine wichtige neue Etappe eingeleitet. Die Strategie konzentriert sich in erster Linie auf 1) die Verbesserung der geologischen Daten, 2) die Beseitigung von Lücken in Bezug auf ökologische, technische und sozioökonomische Aspekte, 3) die Harmonisierung der Bodenvorschriften, 4) die Klassifizierung von Erzen für Steuerzwecke, 5) Überlegungen zur Einrichtung eines auf den Bergbaueinnahmen basierenden staatlichen Fonds und 6) allgemeine Transparenz und Rechenschaftspflicht.

Die Strategie gewinnt vor dem Hintergrund der stark zunehmenden internationalen Nachfrage nach Rohstoffen wie Kupfer, Molybdän und Zink an Bedeutung. Diese Nachfrage bietet Armenien die Möglichkeit, aus seinen Ressourcen Kapital zu schlagen. Um dies zu erreichen, zielen die sechs Schwerpunktbereiche darauf ab, die sektoralen Tätigkeiten an internationale Standards anzupassen. Trotz dieser strategischen Ausrichtung ist die Bergbaustrategie 2035 in einigen Bereichen nicht konkret genug. Sie enthält keine klaren Vorgaben und messbare Ziele sowie fehlt es an einem detaillierten Fahrplan für die Umsetzung. Im Wesentlichen skizziert sie einen Rahmen, der die bestehenden Herausforderungen und die allgemeine künftige Ausrichtung aufzeigt.

Der steuerliche Rahmen wurde 2023 geändert, wobei die Ausfuhrabgaben abgeschafft wurden, um eine Änderung der Lizenzgebührenregelung zu kompensieren. Diese wurde bereits als zu komplex kritisiert und nun um eine zusätzliche Steuer auf Überschüsse erweitert. Darüber hinaus unterliegen die Bergbauunternehmen einer Körperschaftssteuer, einer Mehrwertsteuer, einer Verbrauchssteuer und verschiedenen anderen Steuern. Im Allgemeinen ist die Steuerbelastung für Bergbauunternehmen jedoch mit dem internationalen Niveau vergleichbar. Multinationale Bergbauunternehmen, die in Armenien tätig sind, könnten von dem globalen Mindeststeuersatz von 15% betroffen sein, der im Januar 2024 in Kraft tritt. Dieser könnte jedoch auch die Steuererhebung verbessern.

Umwelt-, soziale und verwaltungstechnische Aspekte

Armeniens Bergbausektor hat eine gemischte Bilanz in Bezug auf ESG-Aspekte. Obwohl Armenien 2017 der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft beigetreten ist und 2020 den Status „befriedigend“ für die Umsetzung des EITI-Standards erhalten hat, war der Sektor nicht unumstritten. Kritik kam von Umweltorganisationen aufgrund von Problemen im Zusammenhang mit mehreren Minenstandorten und der Kupferschmelze Alaverdi. Während einige wichtige Mechanismen wie Umweltverträglichkeitsprüfungen für neue Projekte und die regelmäßige Überwachung von ökologischen Verlusten, Schädigungen und allgemeinen Auswirkungen vorgeschrieben sind, gibt es nur wenige Vorschriften für die Bewertung sozialer Auswirkungen. Da die Berücksichtigung von ESG-Standards zunehmend an Bedeutung gewinnt, wird die Fähigkeit der Bergbauunternehmen, eine starke ökologische und soziale Verwaltung zu gewährleisten, für die langfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit immer wichtiger.

Ausblick

Der armenische Bergbausektor hat und wird auch in Zukunft eine Schlüsselrolle in der armenischen Wirtschaft spielen. Die Verabschiedung der Strategie 2035 und das allgemeine Verständnis des Potenzials des Sektors sollten für die Verbesserung der ESG-Standards und die weitere Prüfung einer möglichen inländischen nachgelagerten Diversifizierung und Wertschöpfung genutzt werden, insbesondere angesichts der Möglichkeiten, die Armeniens bedeutende Rohstoffe bieten können.

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Dieser Newsletter basiert auf der bald erscheinenden Policy Study zu Armeniens Bergbausektor.