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Dmitry Chervyakov

Wirtschaftswachstum pendelt sich auf einem höheren Niveau ein

Die armenische Wirtschaft verzeichnete mehrere Jahre hinweg ein deutliches Wachstum, welches über ihrem Potenzial lag. Nachdem die meisten positiven externen Schocks absorbiert wurden, dürfte sich das Wirtschaftswachstum 2025/26 nun bei etwa 5% stabilisieren. Dies spiegelt einen leichten Anstieg des Potenzialwachstums wider, da Sektoren wie die IT-Branche ein höheres Produktivitätsniveau erreicht haben. Eine expansive Fiskalpolitik stützt weiterhin den Konsum und die Investitionen, führt jedoch auch zu erhöhten Haushaltsdefiziten von 5,5% des BIP in 2025 und 4,5% in 2026, sowie zu einer Staatsverschuldung, die über der Fiskalregel von 50% des BIP liegt.

  • Armenien
NL 25 | September - Oktober 2025
Makroökonomische Analysen und Prognosen

Die Inflation dürfte mit rund 3% niedrig bleiben und damit innerhalb des neuen Ziels liegen. Der Außenhandel ist deutlich geschrumpft, da die Auswirkungen vergangener Handelsschocks wie des „Goldrauschs” ausklingen. Ein wichtiger potenzieller Wachstumstreiber bleibt ein anhaltender Frieden in der Region. In jüngster Vergangenheit wurden auch einige Fortschritte bei dessen Verwirklichung erzielt. Die sich verschlechternden Aussichten für die russische Wirtschaft könnten sich jedoch negativ auf Armenien auswirken.

Wachstum stabilisiert sich auf höherem Niveau

Die letzten Jahre waren von einem stetigen Rückgang des Wachstums geprägt. Dies liegt vor allem daran, dass die armenische Wirtschaft den starken Anstieg von 2022, der in erster Linie mit verschiedenen Sondereffekte im Zusammenhang mit der Migration aus Russland verbunden war, absorbieren musste. Dieser Prozess scheint nun abgeschlossen zu sein; das reale BIP-Wachstum 2025/26 hat sich bei etwa 5% stabilisiert. Dabei ist hervorzuheben, dass dies über dem früheren Potenzialwachstum von 4,5% liegt.

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Ein wichtiger Faktor hierbei ist der Anstieg der Produktivität, insbesondere im IT-Sektor, der stark vom Zustrom russischer IT-Fachkräfte profitiert hat. Wir schätzen, dass sein Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung von 3,5% in 2021 auf 8,3% in 2024 gestiegen ist. Diese positive Dynamik scheint sich auch in 6M2025 fortgesetzt zu haben, wobei der IKT-Sektor um 18,6% im Vergleich zum Vorjahr gewachsen ist. Der Finanzsektor (6M2025: +20,4% zum Vj.) bleibt ebenfalls ein wichtiger Motor des Wirtschaftswachstums, wobei seine starke Performance mit Kapitalzuflüssen aus Russland nach 2022 zusammenhängt. Darüber hinaus gab es ein deutliches Wachstum in anderen nachfrageorientierten Sektoren, etwa Bauwesen und Handel. Die Aktivität hat sich dort jedoch abgekühlt. Insgesamt bleibt das Wachstum robust und wird von vielen Sektoren getragen, wobei der Dienstleistungssektor besonders stark ist.

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Inflation liegt innerhalb des neuen Ziels

Die Inflation bleibt niedrig und wird innerhalb des neuen Inflationsziels der armenischen Zentralbank von 3,0% (Schwankungsband von +/- 1%-Punkt) liegen. Die jüngsten Anstiege (Sep-25: 3,7% zum Vj.) sind hauptsächlich auf höhere Lebensmittelpreise zurückzuführen, sowohl bei importierten als auch bei einheimischen Waren. Es wird erwartet, dass die Inflation 2025/26 bei etwa 3% liegen wird.

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Die Stabilisierung der Inflation um das gesetzte Ziel herum markiert auch das Ende des geldpolitischen Lockerungszyklus. Der Leitzins ist seit Februar 2025 unverändert bei 6,75% p.a. geblieben; eine unmittelbare Notwendigkeit für Anpassungen besteht nicht.

Währungsreserven steigen an, Dram bleibt stark

Der armenische Dram blieb auf einem Niveau stabil, das weit über dem von Anfang 2022 liegt. Abgesehen von einer geringfügigen Aufwertung zu Beginn des Jahres aufgrund eines schwächeren US-Dollars und stärkerer Kapitalzuflüsse nach Armenien, gilt dies auch für 2025. Ein starker Dram trägt dazu bei, die internationalen Reserven zu stärken und die Ausgaben im Zusammenhang mit der expansiven Fiskalpolitik zu finanzieren. Die Reserven stiegen im März 2025 nach der Emission einer neuen Euroanleihe im Wert von 750 Mio. USD deutlich an. Im August 2025 beliefen sie sich auf 4,2 Mrd. USD, wodurch sich die Importdeckung auf 3,2 Monate verbesserte – etwas über dem internationalen Standard von drei Monaten.

Fiskalpolitik bleibt weiterhin expansiv

Die expansive Fiskalpolitik stützt weiterhin das Wirtschaftswachstum, indem sie Konsum und Investitionen stärkt. Die höheren Ausgaben sind in erster Linie auf die fortgesetzte Unterstützung für Flüchtlinge sowie auf gestiegene Kapital- und Verteidigungsausgaben zurückzuführen. Dies spiegelt sich auch in einem erhöhten Haushaltsdefizit wider, das für 2025 auf 5,5% und für 2026 auf 4,5% prognostiziert wird. Für 2026 ist jedoch eine Kürzung der Verteidigungsausgaben um 15% geplant.

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Das höhere Haushaltsdefizit spiegelt sich auch in einem Anstieg der Staatsverschuldung wider, die 2025 voraussichtlich 50,7% des BIP und 53,7% in 2026 erreichen wird. Folglich wird erwartet, dass die Verschuldung über der in der Fiskalregel festgelegten Schwelle von 50% des BIP bleibt.

Handel schrumpft da externe Schocks ausklingen

Es war zu erwarten, dass das Abklingen externer Schocks (u.a. „Goldrausch“) zu einem Rückgang des Außenhandels führen würde. Entsprechend gingen die Warenexporte in 8M2025 um 48,8% zum Vj. zurück, während die Importe um 34,9% sanken. Ohne Berücksichtigung des Handels mit Edelmetallen und Produkten daraus zeigt sich jedoch eine positive Dynamik sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen (traditioneller) Waren. Für 2025 wird ein Leistungsbilanzdefizit von 4,5% des BIP prognostiziert, das 2026 leicht auf 4,8% ansteigen dürfte.

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Ausblick

Das Wirtschaftswachstum Armeniens scheint sich auf seinem neuen potenziellen Wachstumsniveau stabilisiert zu haben, welches etwas höher ist als vor dem Auftreten verschiedener Sonderfaktoren im Zusammenhang mit der Migration aus Russland. Um das wirtschaftliche Potenzial Armeniens weiter zu steigern, bleibt ein dauerhafter Frieden in der Region von entscheidender Bedeutung. Die jüngsten Ereignisse in Washington im August 2025, wo eine gemeinsame Friedenserklärung zwischen Armenien und Aserbaidschan unterzeichnet wurde, haben diesbezüglich Hoffnung geweckt. Tatsächlich wurden im Oktober 2025 erste kleine positive Schritte unternommen, wie beispielsweise die gegenseitige Vereinbarung, Beschränkungen für den Gütertransit durch das jeweilige Gebiet aufzuheben. Kasachisches Getreide soll die erste Fracht sein, die so nach Armenien transportiert wird. Darüber hinaus hat Russland angekündigt, dass die Russische Eisenbahn den Gütertransport nach Armenien über Aserbaidschan organisieren wird, was die Logistik erheblich verbessern dürfte. Allerdings ist hier auch ein Hauptrisiko zu beachten. Eine Verschlechterung der Aussichten für die russische Wirtschaft könnte sich aufgrund der starken wirtschaftlichen Verflechtungen in Sektoren wie Landwirtschaft und Energie negativ auf Armenien auswirken.

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Dieser Newsletter basiert teilweise auf zu der 14. Ausgabe des Wirtschaftsausblicks Armenien.