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Sebastian Staske

Wachstum bleibt robust, aber Risiken nehmen zu

Die georgische Wirtschaft wuchs 2024 um 9,5% und verzeichnete damit das vierte Jahr hoher Aktivität in Folge. Das Wachstum stand auf breiter Basis und wurde vom Konsum und einem dynamischen Dienstleistungssektor getragen. Die Inflation blieb unter dem Zielwert, was vorsichtige Zinssenkungen ermöglichte, während Währungsinterventionen zur Stabilisierung des Lari zu einem Rückgang der Reserven führten.

  • Georgien
NL 63 | April - Juni 2025
Makroökonomische Analysen und Prognosen

Handel und die Geldtransfers haben sich weiter normalisiert. Das Haushaltsdefizit blieb niedrig. Während die Aussichten für 2025 mit einem prognostizierten Wachstum von 5,0% weiterhin günstig sind, wird das wirtschaftspolitische Umfeld zunehmend komplizierter. Niedrigere Reserven, geringere externe Unterstützung und eine höhere Risikoprämie unterstreichen die Bedeutung einer soliden Wirtschaftspolitik und der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, um die makroökonomische Stabilität zu erhalten.

Wirtschaftswachstum bleibt hoch

Mit einem Wachstum von 9,5% blieb Georgiens Wirtschaft auch 2024 sehr robust. Das Wachstum war breit aufgestellt, mit einer starken Dynamik im Dienstleistungssektor. Der private Konsum blieb dabei der wichtigste Wachstumsmotor. Es wird erwartet, dass sich das Wachstum 2025 auf 5,0% verlangsamen wird, was dem langfristigen Trend entspricht. Dies spiegelt eine Normalisierung der in- und ausländischen Nachfrage nach vier Jahren außergewöhnlich hohen Wachstums wider. Damit bliebe Georgien weiterhin eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in der Region.

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Inflation bleibt niedrig, leichte Leitzinssenkungen

Trotz eines gewissen Aufwärtstrends Mitte 2024 blieb die Inflation während des gesamten letzten Jahres unter dem Zielwert von 3%, auch da die importierte Inflation vergleichsweise gering blieb. Daher setzte die Nationalbank (NBG) Anfang 2024 ihre schrittweise Lockerung der Geldpolitik fort und senkte die Zinssätze in drei Schritten von 9,5% auf 8%.
Da der globale Preisdruck jedoch zunimmt, erwartet die NBG 2025 einen moderaten Anstieg der Inflation. Dies bedeutet, dass weitere Zinssenkungen moderat ausfallen und vom externen Umfeld abhängen werden.

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Wechselkurs stabilisiert, aber auf Kosten der Reserven

Auch die Entwicklung des Lari ist bei weiteren Leitzinssenkungen zu berücksichtigen. Er geriet im Mai/Juni und im Oktober unter Abwertungsdruck, was die NBG veranlasste, mit Währungsverkäufen zu intervenieren. Mit einem Nettobetrag von 435 Mio. USD wurde die NBG damit zum ersten Mal seit 2021 zum Nettoverkäufer von Devisen. Nach den Verkäufen stabilisierte sich der Wechselkurs zum Jahresende 2024 bei 2,80 GEL/USD.

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Infolge dieser Verkäufe gingen die Währungsreserven deutlich zurück, was den Puffer gegen mögliche externe Schocks reduziert. Mit 4,4 Mrd. USD zum Jahresende lagen sie um ca. 560 Mio. USD niedriger als zu Beginn des Jahres 2024. Im Dezember hatten sich die Währungsreserven durch die Erhöhung der Mindestreserveanforderungen für Geschäftsbanken leicht erholt.

Handel und Geldtransfers normalisieren sich

Unterdessen normalisieren sich der Außenhandel und die Auslandszuflüsse nach mehreren Jahren außergewöhnlichen Wachstums. Die Warenexporte und -importe sind um rund 8% z. Vj. gestiegen, weiterhin angetrieben durch die Entwicklung der Re-Exporte, insbesondere von Kraftfahrzeugen. Trotz einer Verlangsamung ihres Wachstums spielen sie weiterhin eine wichtige Rolle bei den Im- und Exporten, da Georgien ein regionaler Transitknotenpunkt bleibt. In 9M2024 wuchsen die Dienstleistungsexporte um 12,3% zum Vorjahr. Die Einnahmen im Tourismussektor, der den größten Beitrag leistet (ca. 60%), stiegen um 6,5% zum Vorjahr. Die Exporte von Transportdienstleistungen blieben mit einem Wachstum von 18% stark, unterstützt durch anhaltende Handelsströme. Da sich die Nachfrage nach Outsourcing-Dienstleistungen verlangsamte, verzeichneten die Exporte von IT-Dienstleistungen einen Rückgang von 22%. Die Geldtransfers aus Russland, die seit 2022 aufgrund der Zuwanderung deutlich zugenommen hatten, gingen weiter zurück. Mit 541 Mio. USD im Jahr 2024 machen sie nun 16% des Gesamtvolumens aus und damit weniger als vor der Zuwanderung.

Stabile Staatsfinanzen, aber steigende Risikoprämie

Das günstige makroökonomische Umfeld kam auch den öffentlichen Finanzen zugute, denn das Haushaltsdefizit blieb mit 2,5% des BIP stabil. Damit lag das Defizit im dritten Jahr in Folge bei oder unter der in der Haushaltsregel festgelegten Grenze von 3%. Für dieses Jahr wird ein ähnliches Defizit erwartet. Niedrige Defizite in den vergangenen Jahren haben auch zur Verbesserung der öffentlichen Schuldenquote beigetragen, die weiter schrittweise zurückging und 2024 36,8% des BIP erreichte. Bis 2026 soll sie sich bei etwa 35% stabilisieren.

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Der politische Kontext zeigt sich jedoch im Anstieg der Risikoprämie für Eurobonds, die im Laufe des Jahres 2024 um rund 200 Basispunkte gestiegen ist.

Ausblick

Die georgische Wirtschaft dürfte auch 2025 zu den leistungsstärksten in der Region gehören, wobei das Wachstum durch eine robuste Inlandsnachfrage und einen starken Dienstleistungssektor gestützt wird. Das makroökonomische Umfeld wird jedoch zunehmend komplexer. So waren beispielsweise Tourismus und Transport in den letzten Jahren wichtige Treiber der Dienstleistungsexporte und des Wirtschaftswachstums.
Diese Sektoren reagieren jedoch empfindlich auf externe Bedingungen und inländische Entwicklungen. Abhängig von der Wahrnehmung unter den internationalen Reisenden, der regionalen Handelsdynamik und der grenzüberschreitenden Konnektivität können sie volatiler sein als in der jüngsten Vergangenheit. Gleichzeitig verschieben sich die Rahmenbedingungen für die ausländische Unterstützung Georgiens. Während das Land in der Vergangenheit von Zuschüssen und günstigen Kreditkonditionen multilateraler Geber profitiert hat, wird diese Unterstützung derzeit angepasst.
USAID, ein wichtiger Geber, hat seine Mittel gestrichen und auch die EU hat ihre Hilfe reduziert. Diese Entscheidungen spiegeln eine breitere geopolitische Dynamik, aber auch die jüngsten innenpolitischen Entwicklungen wider. Dies geschieht zu einer Zeit, in der die Währungsreserven erheblich zurückgegangen sind, was den Puffer gegen mögliche Schocks verringert. Obwohl eine IWF-Mission Georgien im Januar besuchte, wurde noch keine Einigung über die Wiederaufnahme des aktuellen oder den Start eines neuen Programms erzielt. Gleichzeitig ist die Risikoprämie stark gestiegen und liegt nun deutlich über dem Niveau vom Dezember 2023, als Georgien den EU-Kandidatenstatus erhielt. Dadurch verteuert sich die Refinanzierung alter Schulden bzw. die Neuaufnahme von neuen Krediten. In Anbetracht dieser Entwicklungen änderte Fitch Ratings im Dezember 2024 den Ausblick für Georgien auf negativ.

Auch wenn Georgiens Wirtschaft ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt hat, wird die Steuerung dieses schwierigeren Umfelds eine umsichtige Wirtschaftspolitik und eine wirksame Zusammenarbeit mit internationalen Partnern erfordern.

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Dieser Newsletter basiert auf der 21. Ausgabe unseres Wirtschaftsausblicks Georgien.