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Valeriu Prohnițchi

Steigende Immobilienpreise in Chisinau, aber keine Blase

Die Immobilienpreise in Chisinau haben sich zwischen 2019 und 2024 aufgrund der starken Nachfrage und des begrenzten Angebots verdoppelt. Die Mieten sind in Euro gerechnet um 80% gestiegen, wobei Zweizimmerwohnungen die stärksten Zuwächse verzeichneten. Trotz des starken Anstiegs der Immobilien- und Mietpreise gibt es jedoch keine Anzeichen für eine Immobilienblase. Die Marktdynamik erscheint grundsätzlich solide, gestützt durch steigende Löhne, einen besseren Zugang zu Hypothekendarlehen und einen Rückgang notleidender Immobilienkredite. Dies führt zu einer verbesserten Erschwinglichkeit und erleichtern den Zugang zu Wohnraum für potenzielle Käufer.

  • Moldau
NL 89 | Mai-Juni 2025
Finanzmärkte
Hintergrund

Seit 2019 hat sich der Immobilienmarkt in Chisinau spürbar gewandelt, was Fragen nach potenziellen Ungleichgewichten und dem Risiko einer Spekulationsblase aufwirft. Diese Entwicklungen fanden in einem allgemein turbulenten Umfeld statt, das durch COVID und den Ausbruch des Krieges in der Ukraine geprägt war und zu hohen wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Unsicherheiten führte. Auf der Nachfrageseite sind die wichtigsten markttreibenden Faktoren die erhöhten Investitionen der moldauischen Diaspora, der Zuzug ukrainischer Geflüchteter sowie staatlich geförderte Programme wie „Prima Casa“, welches jungen Fa-milien und Erstkäufern den Erwerb von Wohneigentum erleichtern. Gleichzeitig gab es auf der Angebotsseite Engpässe, vor allem durch steigende Baukosten und Arbeitskräftemangel im Bauwesen. Um zu beurteilen, ob diese Trends auf eine Spekulationsblase am Wohnungsmarkt hindeuten, hat das German Economic Team ver-schiedene Indikatoren untersucht. Dazu gehören Diskrepanzen zwischen Immobilien- und Mietpreisen, die Bruttorendite, die Erschwinglichkeit von Wohnraum im Verhältnis zum Einkommen sowie aktuelle Trends bei Immobilienkrediten.

Entwicklung der Preise für Immobilien

Zwischen 2012 und 2019 blieben die Immobilienpreise mit rund 628 EUR/m2 relativ stabil. Im Jahr 2020 stiegen die Preise jedoch um 10% gegenüber dem Vorjahr, was möglicherweise auf Veränderungen der Nachfrage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zurückzu-führen ist. Im Jahr 2021 stiegen die Preise um weitere 19% gegenüber dem Vorjahr, was auf den Anstieg der Hypothekenaufnahme und das begrenzte Angebot aufgrund höherer Baumaterialkosten und der Abwande-rung von Arbeitskräften zurückzuführen war. Der Aus-bruch des Krieges im Jahr 2022 erhöhte den Nachfragedruck zusätzlich, was trotz steigender Kreditzinsen zu einem Preisanstieg von 12% beitrug. In den Jahren 2023 und 2024 stiegen die Preise um weitere 10% bzw. 12%. Die kumulative Wirkung dieser Trends hat den Markt grundlegend verändert und zu einem langfristigen nominalen Wachstum geführt. Mitte 2024 lagen die Immobilienpreise im Durchschnitt bei etwa 1200-1300 EUR/m2, doppelt so hoch wie 2019.

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Entwicklung der Mietpreise

Auch die Mietpreise sind im Berichtszeitraum stark gestiegen. In Landeswährung haben sie sich verdoppelt, in Euro sind sie seit 2019 um rund 80% gestiegen. Zweizimmerwohnungen, die am stärksten nachgefragte Kategorie, verzeichneten die größten Zuwächse, insbesondere in stark nachgefragten Gegenden, wo sich die Preise verdoppelt haben. Zwar waren die Mieten in den Jahren davor recht stabil, doch in Zeiten hoher Nachfrage durch Geflüchtete aus der Ukraine, etwa von Mrz-22 bis Dez-22, gab es starke Anstiege. Nach dieser Phase des rasanten Wachstums zeigten die Mieten Mitte 2024 erste Anzeichen einer leichten Stabilisierung.

Einschätzung des Immobilienblasenrisikos

Angesichts des rasanten Anstiegs der Immobilienpreise in den letzten Jahren stellt sich die Frage, ob in Chisinau eine Immobilienblase entstanden ist. Ein typisches Anzeichen hierfür ist, dass sich die Immobilienpreise von den Mietpreisen abkoppeln und deutlich schneller steigen. Trotz der starken Preiszuwächse gibt es aber keine Hinweise auf eine Blase. Das Mietwachstum hat mit den Immobilienpreisen Schritt gehalten, was zeigt, dass der Preisanstieg eher durch die fundamentalen Marktbedingungen als durch Spekulationen gestützt wird.

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Dies wird zusätzlich durch die Bruttorendite untermauert, die die Kapitalrendite misst. Die Rendite stieg von 5,4% im Jahr 2020 auf 5,9% im Jahr 2023. Auch wenn es bis Mitte 2024 zu einem leichten Rückgang gekommen sein könnte, bewegt sich die Rendite weiterhin im Rahmen üblicher Markterträge. Dies ist wichtig, da es zeigt, ob Preissteigerungen durch Mieteinnahmen gestützt werden. Eine stabile oder steigende Bruttorendite deutet auf einen gesunden Markt hin, in dem die Preise auf realen Wert und nicht auf Spekulation beruhen.

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Erschwinglichkeit und Zugänglichkeit

Die Monatslöhne verzeichneten ein deutliches Wachstum, wobei der durchschnittliche Monatslohn von 422 EUR im Jahr 2019 auf rund 900 EUR bis Mitte 2024 stieg. Das Lohnwachstum übertraf den Anstieg der Immobilienpreise, was zu einer verbesserten Erschwinglichkeit führte: Das Verhältnis von Lohn zu Quadratmeterpreis stieg von 0,65 (2018–2020) auf 0,68 (2021–2024). Darüber hinaus sind die realen Preise in moldauischen Leu nach Bereinigung von Inflation und Wechselkurs seit 2013 recht stabil geblieben. Das ist wichtig, da die meis-ten Einkommen in Landeswährung erzielt werden, während die Immobilienpreise in Euro angegeben sind.

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Gleichzeitig hat sich der Zugang zu Immobilien verbessert. Gründe dafür sind der Ausbau des Finanzmarkts und neue Hypothekenangebote der Banken. Die von Geschäftsbanken vergebenen Kredite sind deutlich gestiegen, wobei die ausstehenden Beträge von 2,3 Mrd. MDL im Jahr 2016 (rund 100 Mio. EUR) auf 14,9 Mrd. MDL im Jahr 2024 (760 Mio. EUR) stiegen. Der Anteil notleiden-der Kredite sank von 6,1% im Jahr 2017 auf 2,1% im Jahr 2023/24. Das zeigt, dass Haushalte ihre Kredite besser zurückzahlen können. Diese Trends deuten auf eine verbesserte Erschwinglichkeit und besseren Zugang zum Wohneigentum hin.

Fazit

Die aktuellen Daten deuten darauf hin, dass der Immobilienmarkt in Chisinau stabil ist und keine dringenden Marktinterventionen erforderlich sind. Die wichtigsten Indikatoren zeigen ein stabiles Gleichgewicht zwischen Immobilienpreisen, Mieten und Bruttorenditen. Angesichts des raschen Lohnwachstums in Chisinau sind Wohnungen besser bezahlbar geworden. Trotzdem sollten einige Risiken im Blick behalten werden. Wenn viele ukrainische Geflüchtete Chisinau wieder verlassen, könnte die Nachfrage sinken, während strengere Kreditbedingungen die Erschwinglichkeit beeinträchtigen könnte. Mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt würde zudem die Stabilität auf lange Sicht stärken.

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Dieser Newsletter basiert auf unserem Policy Briefing “Real estate market development 2020-2024” .

Hinweis: Für diesen Text ist nur der Autor verantwortlich. Er gibt nicht notwendigerweise die Meinung des German Economic Teams wieder.