Starkes BIP-Wachstum bei stagnierendem Außenhandel
Die usbekische Wirtschaft soll dieses Jahr um geschätzt 5,6% wachsen. Das Wachstum wird von Investitionen und privatem Konsum getragen. Das BIP pro Kopf soll erstmals 3.000 USD übersteigen. Diese Entwicklung hängt allerdings auch mit einer durchgeführten Anpassung der Schätzung der Schattenwirtschaft im Dienstleistungssektor zusammen, die das nominale BIP erhöht hat.
Die Handelsdynamik hat sich im Jahr 2024 trotz des hohen Wirtschaftswachstums verlangsamt. Die Warenexporte stiegen in den ersten zehn Monaten 2024 lediglich um 4% zum Vorjahr, die Warenimporte um lediglich 2%. Ein Nebeneffekt des stagnierenden Handels ist der Rückgang des Leistungsbilanzdefizits auf geschätzt 6,3% des BIP im Jahr 2024. Begünstigt von der Erhöhung der Energietarife für Haushalte soll das Haushaltsdefizit auf moderate 3,5% des BIP im Jahr 2024 sinken.
Trotz der guten Wirtschaftsentwicklung bleiben viele Herausforderungen bestehen. Dazu gehört beispielsweise das Defizit bei der Energieversorgung und die Dominanz staatseigener Unternehmen in bestimmten Wirtschaftssektoren wie dem Bankensektor. Ein nachhaltig hohes Wachstum wird auch von der Überwindung dieser Herausforderungen abhängen.
Starkes Wirtschaftswachstum
Die usbekische Wirtschaft ist in den ersten neun Monaten 2024 real um 6,6% zum Vorjahr gewachsen. Für das Gesamtjahr prognostiziert der IWF ein Wachstum von 5,6%. Eine ähnliche Dynamik wird auch für 2025 erwartet.
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Die Treiber sind dabei Investitionen und der private Konsum. Die Investitionen sind in den ersten sechs Monaten 2024 um 36,6% zum Vorjahr angestiegen. Der Konsum stieg mit 11,3% in den ersten neun Monaten 2024 zum Vorjahr.
Sektoral ist das Wachstum breit aufgestellt. In den ersten neun Monaten 2024 gab es ein hohes Wachstum im Bau (+9,0% z. Vj.), bei den Dienstleistungen (+7,5%) und auch in der Industrie (+7,0%). Nur der Landwirtschaftssektor wuchs mit 3,1% zum Vorjahr wie auch in den Vorjahren nur unterdurchschnittlich.
Revision der BIP-Statistik
Im Jahr 2024 ist eine Revision der Schätzung der Schattenwirtschaft im Baugewerbe, Hotel- und Gaststättengewerbe durch das usbekische Statistikamt durchgeführt worden. Die neue Schätzung basierte auf einer Umfrage unter 7.000 Haushalten. Dabei wurde festgestellt, dass deutlich mehr Geld für diese Dienstleistungen ausgegeben werden als bisher angenommen. Die Schätzung der Wertschöpfung im Hotel- und Gaststättengewerbe erhöhte sich dadurch um etwa das Achtfache, die Wertschöpfung im Baugewerbe liegt nun etwa ein Drittel höher. Das BIP und die Wachstumsraten wurden auf dieser Basis für die vergangenen Jahre neu berechnet. Das BIP im Jahr 2023 war dadurch 11,8% höher als vor der Anpassung. Die verbesserte Schätzung und Anpassung erfolgten mit Zustimmung des IWF. Das BIP pro Kopf wird aufgrund des Wachstums und der BIP-Anpassung im Jahr 2024 bei über 3.000 USD liegen.
Relativ hohe, aber sinkende Inflation
Die Inflation lag in Usbekistan im Oktober 2024 bei 10,2% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Sie war damit relativ hoch im regionalen Vergleich. Die Anhebung der Energietarife für Haushalte im Mai 2024 hat zur Preis-steigerung maßgeblich beigetragen.
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Die Anhebung war dennoch wichtig und notwendig für die Konsolidierung des Staatshaushalts und zur Setzung von Anreizen zur effizienteren Stromnutzung und zur Steigerung der Attraktivität von Investitionen. Trotz weiterer geplanter Tarifanhebungen wird erwartet, dass die Inflation schrittweise sinken wird. Sie soll Ende 2025 bei unter 8% im Jahresvergleich liegen.
Stagnation des Warenhandels
In den ersten zehn Monaten 2024 exportierte Usbekistan Waren i.H.v. 16,7 Mrd. USD. Die Exporte stiegen insbesondere in den Bereichen Energie (+361 Mio. USD), anorganischen Chemikalien (+294 Mio. USD) sowie Obst und Gemüse (+284 Mio. USD). Der Goldexport – das mit Abstand wichtigste usbekische Exportgut der vergangenen Jahre – ist dagegen leicht zurückgegangen. Insgesamt betrug das Exportwachstum in 10M2024 nur relativ geringe 4% zum Vorjahreszeitraum.
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Im gleichen Zeitraum wurden nach Usbekistan Waren i.H.v. 29,0 Mrd. USD eingeführt. Der Anstieg war bedingt durch höhere Energieimporte (+1,2 Mrd. USD) und höhere Importe von elektrischen Maschinen (+495 Mio. USD). Die Importe von Transportmitteln, insbesondere von Kraftfahrzeugen und Flugzeugen ist dagegen stark gesunken. Insgesamt betrug das Importwachstum bei Waren damit geringe 2% in 10M2024 zum Vorjahreszeitraum. Der Warenhandel entwickelte sich damit deutlich weniger dynamisch als in den Vorjahren. Das ist angesichts des starken Wirtschaftswachstums überraschend, erklärt sich aber durch Sondereffekte. Auf der Exportseite sind das insbesondere die gesunkenen Goldexporte. Auf der Importseite sind das die hohen Kraftfahrzeug- und Flugzeugimporte im vergangenen Jahr, die dieses Jahr im Vergleich gesunken sind.
Mit dem stagnierenden Handel wird das Leistungsbilanzdefizit im Verhältnis zum BIP im Jahr 2024 deutlich sinken. Bisher wuchs das Defizit aufgrund der stark steigenden Warenimporte. Nach einem Leistungsbilanzdefizit von 7,7% im Jahr 2023 soll das Defizit dieses Jahr 6,3% des BIP betragen.
Sinkendes Haushaltsdefizit
Das relativ hohe Haushaltsdefizit war neben dem Leistungsbilanzdefizit eine zweite Schwachstelle in der soliden makroökonomischen Situation im vergangenen Jahr. Dieses Jahr soll das Defizit geschätzt des moderate 3,5% des BIP betragen. Neben der Revision des BIP hat die Energietarifanpassung wesentlich zur Reduktion des Haushaltsdefizits beigetragen. Ein weiterer Rückgang des Defizits wird für 2025 erwartet, wobei auch erhöhte Privatisierungserlöse eine Rolle spielen sollen.
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Die Verschuldung soll 2024 bei sehr moderaten 34,3% des BIP liegen. Usbekistan ist zudem zum Großteil bei internationalen Gebern und anderen Staaten zu günstigen Konditionen verschuldet. Für 2025 wird ein Rückgang der Staatverschuldung im Verhältnis zum BIP erwartet basierend auf einem geringen Haushaltsdefizit und hohem Wirtschaftswachstum.
Fazit und Ausblick
Das kräftige Wachstum der usbekischen Wirtschaft wird sich nach aktuellen Prognosen in den nächsten Jahren fortsetzen. Sowohl das Leistungsbilanz- als auch Haushaltsdefizit soll zudem sinken, dieses sogenannte Zwillingsdefizit galt als Schwachstelle der sonst soliden makroökonomischen Situation. Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben insofern gut. Für langfristiges und nachhaltiges Wachstum müssen dennoch noch viele Herausforderungen gemeistert werden. Dazu gehört beispielsweise das Defizit bei der Energieversorgung, die Verbesserung der Bedingungen für Investoren und die Reduktion der Dominanz staatseigener Unternehmen in einigen Sektoren wie dem Bankensektor.