Solides Wachstum, hohes Handelsdefizit
In der ersten Hälfte des Jahres 2025 wuchs die Wirtschaft Kosovos um 3,8%. Vor dem Hintergrund der anhaltenden politischen Blockade im Land ist dies ein solides Ergebnis, auch wenn sich das Wachstum im Vergleich zu 1H2024 (5.4%) verlangsamt hat. Hauptwachstumstreiber war privater Konsum. Investitionen und öffentlicher Konsum trugen ebenfalls positiv bei, während sich das gestiegene Handelsdefizit stark negativ auf das Wachstum auswirkte. Die Inflation stieg kontinuierlich an, auf 4,5% im August. Sie wird hauptsächlich getrieben von höheren Lebensmittel- und Energiepreisen. Das Leistungsbilanzdefizit weitete sich auf 16,7% des BIP aus, bedingt durch einen Anstieg von Warenimporten. Öffentliche Ausgaben und Einnahmen in 1H2025 entsprachen weitgehend dem geplanten Haushalt für 2025, der höhere Ausgaben bei in etwa gleichbleibenden Einnahmen vorsieht.
Wirtschaftswachstum
In der ersten Hälfte des Jahres 2025 wuchs die Wirtschaft Kosovos um 3,8%. Dies ist ein solides Ergebnis im regionalen Vergleich, insbesondere angesichts der anhaltenden politischen Blockade nach den Wahlen im Februar. Es stellt jedoch auch eine deutliche Verlangsamung im Vergleich zu den 5,4% im gleichen Zeitraum des Jahres 2024 dar. Das Wachstum wurde hauptsächlich durch privaten Konsum getrieben, der seine starke Dynamik beibehielt. Investitionen trugen erneut positiv bei, ebenso wie öffentlicher Konsum, der deutlich anstieg. Im Gegensatz dazu leisteten die Nettoexporte (d.h. Exporte – Importe) einen erheblichen negativen Beitrag zum Wachstum. Die stark negativen Nettoexporte spiegeln zum Teil Saisonalität im Außenhandel wider, worauf später noch tiefer eingegangen wird. In 1H2025 verlangsamten sie das Wachstum jedoch außergewöhnlich stark. Weil das „Kosovo B“ Braunkohlekraftwerk überholt werden musste, ging die inländische Stromproduktion stark zurück, was hohe Stromimporte nötig machte.
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Inflation
Da Kosovo den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel nutzt, unterliegt es der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Nach einer schnellen Disinflation im Jahr 2023 lag die Inflationsrate Kosovos 2024 im Durchschnitt bei 1,6%, unter dem EZB-Ziel von 2%.
Im Jahr 2025 steigt die Inflation wieder an. In den ersten Monaten des Jahres waren höhere Preise für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke die Haupttreiber. Seit März sind auch die Energiepreise gestiegen. Sowohl die Erhöhung der regulierten Stromtarife um 16,1% für Unternehmen und Haushalte als auch die Liberalisierung der Strompreise für größere Unternehmen im Juni trugen zu diesem Trend bei. Höhere Energiekosten haben wiederum Preisdruck auf andere Waren und Dienstleistungen ausgeübt, insbesondere auf Lebensmittel, Transport und Gastgewerbe.
Im August lag die Inflation bei 4,5%, deutlich über dem Ziel der EZB. Setzt sich dieser Trend fort, könnte die höhere Inflation den privaten Konsum durch sinkende Reallöhne belasten und Investitionen durch steigende Zinssätze dämpfen. Es ist daher wichtig, die Inflation im Auge zu behalten.
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Leistungsbilanz
Kosovo verzeichnet traditionell ein erhebliches Leistungsbilanzdefizit, das hauptsächlich durch ein großes Warenhandelsdefizit verursacht wird, das den Überschuss im Dienstleistungsbereich übersteigt. 2024 lag das Leistungsbilanzdefizit bei 8,8% des BIP. In der ersten Hälfte des Jahres 2025 weitete sich das Defizit erheblich auf 16,7% des BIP aus.
Wie bereits erwähnt, ist die Leistungsbilanz Kosovos stark saisonabhängig. Während das Warenhandelsdefizit in der Regel wenig schwankt, ist der Überschuss im Dienstleistungsbereich in der ersten Jahreshälfte deutlich niedriger. Dies liegt hauptsächlich daran, dass der Überschuss überwiegend durch tourismusbezogene. Dienstleistungsexporte getragen wird, wobei die meisten Touristen im zweiten Halbjahr, insbesondere während der Sommer- und Weihnachtsferien, anreisen. Unter Berücksichtigung dieser Saisonalität ist es am aussagekräftigsten, 1H2025 mit 1H2024 zu vergleichen. Das Leistungsbilanzdefizit war in 1H2025 um 3 Ppkt. des BIP höher als im gleichen Vorjahreszeitraum. Hauptgrund war ein starker Anstieg des Warenhandelsdefizits, der den Anstieg des Dienstleistungsüberschusses übertraf. Die Primär- und Sekundäreinkommensbilanzen blieben weitgehend unverändert.
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Die Ausweitung des Warenhandelsdefizits wurde durch einen erheblichen Anstieg der Warenimporte verursacht. Nicht nur die Stromimporte sind wie bereits erwähnt stark angestiegen, sondern auch Fahrzeugimporte (hauptsächlich Autos aus Korea) und Maschinenimporte. Der im Vergleich zu 1H2024 gestiegene Dienstleistungsüberschuss spiegelt hingegen die starke Entwicklung des (Diaspora-) Tourismus wider.
Öffentlicher Haushalt
Der Haushalt für 2025 sieht eine Ausweitung des Haushaltsdefizits auf 2,2% des BIP vor. Konkret sind höhere Ausgaben geplant, während die Einnahmen weitgehend unverändert bleiben sollen.
Ähnlich wie die Leistungsbilanz weist auch der öffentliche Haushalt Kosovos eine deutliche Saisonalität auf. Wie in vielen Ländern üblich, werden öffentliche Investitionen typischerweise gegen Ende des Jahres getätigt, bevor zugewiesene Mittel verfallen. Dieses Muster führt häufig zu einem Haushaltsüberschuss in der ersten Jahreshälfte, auch wenn das Gesamtjahresergebnis negativ ist.
Unter Berücksichtigung dieser Saisonalität ist es erneut am sinnvollsten, 1H2025 mit 1H2024 zu vergleichen. In der ersten Hälfte des Jahres 2025 erzielte Kosovo einen Haushaltsüberschuss von 2,7% des BIP, deutlich niedriger als der Überschuss von 4,3% im gleichen Zeitraum 2024. Diese Entwicklungen entsprechen weitgehend dem Haushaltsplan für 2025.
Öffentliche Konsumausgaben stiegen stärker als geplant, hauptsächlich getrieben durch höhere Sozialtransfers nach einer Erhöhung aller Renten um 20% im Oktober 2024. Auch öffentliche Investitionen nahmen leicht zu. Öffentliche Einnahmen übertrafen die Erwartungen, was vor allem auf starke Einnahmen aus indirekten Steuern zurückzuführen ist, ermöglicht durch eine robuste Inlandsnachfrage.
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Ausblick
Wie mehrere wichtige makroökonomische Indikatoren in der ersten Hälfte des Jahres 2025 verdeutlichen, ist die Wirtschaft Kosovos nach wie vor stark anfällig für Schocks durch die unzuverlässige inländische Stromerzeugung. Die temporäre Stilllegung des „Kosovo B“ Braunkohlekraftwerks erforderte hohe Stromimporte, was das Wachstum bremste, und das Handelsdefizit ausweitete. Die Verringerung dieser Verwundbarkeit durch den Ausbau neuer erneuerbarer und dezentraler Energieerzeugungskapazitäten sollte daher eine der obersten Prioritäten für Kosovo sein. Um Investitionen in die Stromerzeugung rentabel zu machen, ist es entscheidend, dass die Strompreise von ihrem derzeit künstlich niedrigen Niveau ansteigen. Die jüngste Erhöhung der Stromtarife und die Liberalisierung der Preise für größere Unternehmen sind wichtige Schritte in diese Richtung. Künftig werden weitere Liberalisierungsrunden notwendig sein, um dringend benötigte Investitionen in die Energieerzeugung zu gewinnen.
Eine detailliertere Analyse wird in der kommenden Ausgabe des Economic Monitor Kosovo präsentiert.