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Felix Schwickert, Alina Kunde

Reformvorschläge zur Verbesserung des Geschäftsklimas in Albanien

In den vergangenen Jahren hat Albanien große Fortschritte bei der Angleichung seines Rechtsrahmens an den der EU gemacht. Im Zuge dessen initiierte Reformen haben das Geschäftsklima zwar verbessert, doch Unternehmen sehen sich im Alltag weiterhin mit praktischen Herausforderungen konfrontiert. In einer aktuellen Studie präsentiert das German Economic Team konkrete Empfehlungen zur Lösung bestehender Probleme – darunter Rechtsunsicherheit bei Steuerverfahren, starre Regelungen zur Vorauszahlung von Körperschaftsteuer und ausbaufähige Exportförderung. Weitere Themen sind die unzureichende Umsetzung von Datenschutzvorgaben sowie ungeklärte Eigentumsverhältnisse, die Investitionsprojekte weiterhin verzögern. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die bisherigen Reformen nur dann ihre volle Wirkung entfalten können, wenn ihre Umsetzung verbessert und Unternehmen – insbesondere KMU – frühzeitig und systematisch in den Reformprozess eingebunden werden.

  • Sonderpublikationen
NL 4 | März - April 2025
Entwicklung des Privatsektors
Einleitung

Albanien verzeichnete in den vergangenen Jahren ein stabiles Wirtschaftswachstum, unterstützt durch Fortschritte bei der EU-Annäherung. Trotz wichtiger Initiativen zur Verbesserung des Geschäftsklimas bestehen weiterhin technische und administrative Hürden. Um die Herausforderungen aus Sicht ausländischer Investoren besser zu verstehen und konkrete Reformvorschläge zu entwickeln, hat das German Economic Team (GET) eine detaillierte Studie zum Geschäftsklima in Albanien durchgeführt.

In enger Zusammenarbeit mit der Foreign Investors Association of Albania (FIAA) haben wir einen Fragebogen an Mitgliedsunternehmen der FIAA sowie anderer Wirtschaftsverbände verteilt. So haben wir Themen identifiziert, die für den Geschäftsalltag von Unternehmen besonders relevant sind. Aufbauend darauf haben wir im Rahmen einer Fact-Finding-Mission im Dezember 2024 in Tirana vertiefende Gespräche mit ausgewählten Unternehmen geführt. Die gewonnenen Erkenntnisse haben wir anschließend mit Beiträgen von GET-Expertinnen und -Experten, externen Fachleuten und lokalen Stakeholdern geschärft, um praxisnahe Empfehlungen zu erarbeiten, die sich in die breitere Reform- und EU-Integrationsagenda Albaniens einfügen.

Dieser Newsletter stellt einige Empfehlungen aus der Studie vom Dezember 2024 vor.

Klarheit im Steuerrecht

Rechtsunsicherheit und hoher Verwaltungsaufwand bleiben zentrale Herausforderungen für Unternehmen in Albanien. Häufige Änderungen von Steuergesetzen, unklare Formulierungen und eine uneinheitliche Umsetzung führen zu Unsicherheit und erhöhen das Risiko strittiger Steuerprüfungen und unerwarteter Nachforderungen. So wurde das Gesetz 9920/2008 über Steuerverfahren samt Durchführungsbestimmungen bereits über 25-mal geändert, während das neue Einkommensteuergesetz (29/2023) im ersten Jahr bereits dreimal geändert wurde und teilweise vom Verfassungsgericht aufgehoben wurde.

Zwar hat Albanien Schritte zur Erhöhung der Transparenz eingeleitet – so wurde etwa die Steuerbehörde dazu verpflichtet „technische Steuerentscheidungen“ zu veröffentlichen -, doch bleibt die Umsetzung hinter den Erwartungen zurück. Die Steuerbehörde hat seit 2021 keine neuen Entscheidungen veröffentlicht, sodass Unternehmen ohne verlässliche Orientierung bleiben. Die „Medium-Term Revenue Strategy (2024–2027)“ benennt Reformziele, adressiert diese Kernprobleme jedoch nicht.

Um mehr Transparenz zu schaffen, sollte die Steuerbehörde technische Entscheidungen regelmäßig veröffentlichen und rückwirkend die Jahre 2022 bis 2024 aufarbeiten. Langfristig sollte Albanien eine Zusammenführung seiner Steuergesetze in einem umfassenden Steuergesetzbuch prüfen – um Verfahren zu vereinfachen, Auslegungsspielräume zu verringern und den Rahmen an internationale Standards anzugleichen.

Verfahren zur Reduzierung von Steuervorauszahlungen

Die Regelungen zu Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer bleiben für Unternehmen in Albanien herausfordernd. Firmen müssen Zahlungen auf Basis der Gewinne der vergangenen zwei Jahre leisten – auch bei deutlich gesunkenen aktuellen Erträgen. Zwar erlaubt das Gesetz eine Reduzierung, doch berichten Unternehmen, dass entsprechende Anträge oft verzögert oder abgelehnt werden, was zu Liquiditätsengpässen und operativen Problemen führt.

Die rechtliche Grundlage für Reduzierungen findet sich in Artikel 63 des Einkommensteuergesetzes (29/2023) und der Anweisung 26/2023. Diese nennen anerkannte Gründe für eine Herabsetzung, etwa Rückgänge bei Umsatz oder Einkauf, Vertragsverluste oder unerwartete Störungen. Doch es fehlt an klaren Vorgaben – standardisierte Antragsformate, Fristen und Einspruchswege sind nicht festgelegt. Diese Unsicherheit schreckt Unternehmen ab.

Um diese Probleme zu beheben, sollte das Verfahren zur Beantragung von Reduzierungen klar definiert und in das elektronische Abgabesystem integriert werden – inklusive Fristen und einer Begründungspflicht bei Ablehnungen. Parallel dazu sollte das Recht auf Einspruch gegen Vorauszahlungen gesetzlich verankert werden. Auch für Einsprüche sollte ein schlankes Verfahren festgelegt werden. Diese Änderungen würden Transparenz schaffen, Unternehmen finanziell entlasten und das Vertrauen in die Steuerverwaltung stärken.

Exportförderung

Albanische Exportunternehmen berichten, dass der Zugang zu Auslandsmärkten weiterhin schwierig ist – vor allem wegen begrenzter institutioneller Unterstützung. Es fehlt an spezialisierten Einrichtungen für Exportförderung und einer abgestimmten außenwirtschaftlichen Strategie. Bestehende Maßnahmen konzentrieren sich häufig auf Tourismus, weniger auf Warenexport.

Zur Verbesserung hat die albanische Investitionsförderungsagentur (AIDA) ihre Zusammenarbeit mit internationalen Gebern wie der GIZ verstärkt und den Zugang zu exportrelevanten Informationen verbessert. Auch die Unternehmens- und Investitionsstrategie 2021–2027 räumt der Exportförderung hohe Priorität ein. Das Wirtschaftsministerium plant zudem, bis Ende 2025 ein neues Programm zur Exportförderung zu verabschieden. Konsultationen mit der Wirtschaft sind für Mitte 2025 vorgesehen.

Für eine wirksame Umsetzung empfehlen sich drei Schritte: Erstens sollte der Privatsektor aktiv in die Programmentwicklung eingebunden werden. Zweitens könnte AIDA ihr Angebot ausweiten – etwa durch Schulungen und Beratungen für Exporteure. Drittens sollte die Beteiligung an internationalen Messen transparenter gestaltet oder rotierend vergeben werden. Eine engere Zusammenarbeit zwischen MEKI, AIDA und dem Außenministerium würde zudem helfen, Albanien außenwirtschaftlich gezielter zu positionieren.

Umsetzung der Datenschutzvorschriften

Die mangelhafte Durchsetzung von Datenschutzvorschriften hat in Albanien in den letzten Jahren zu erheblichen Datenlecks geführt und das Vertrauen internationaler Investoren geschwächt. Besonders Unternehmen in datensensiblen Bereichen wie der Business-Process-Outsourcing-Branche berichten, dass es ihnen dadurch erschwert wird internationale Kunden zu gewinnen.

Ein wichtiger Fortschritt ist das neue Datenschutzgesetz (124/2024), das sich an der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) orientiert und zentrale Prinzipien wie das Recht auf Vergessenwerden, Datenübertragbarkeit sowie „Privacy by Design“ einführt. Bisherige Schwächen lagen jedoch weniger im Recht selbst als in dessen unzureichender Durchsetzung. Um Vertrauen zurückzugewinnen, ist nun eine konsequente Implementierung entscheidend.

Drei Punkte sind dabei zentral: Erstens muss die Datenschutzbehörde (IDP) mit ausreichend Ressourcen und Fachwissen ausgestattet werden. Zweitens sollten klare Verwaltungsverordnungen zur Durchsetzung entwickelt werden – möglichst in Abstimmung mit der Privatwirtschaft. Drittens braucht es eine engere Zusammenarbeit zwischen IDP und Wirtschaftsverbänden, zur gemeinsamen Bereitstellung von praxisnahen Leitfäden, Vorlagen und Schulungen. So können Unternehmen verschiedener Branchen bei der Umsetzung unterstützt und Vertrauen in den Datenschutz in Albanien gestärkt werden.

Rechtssicherheit bei Eigentum an Grundbesitz

Unklare Eigentumsverhältnisse an Grundbesitz verzögern weiterhin Projekte und schrecken Investitionen ab – insbesondere in touristisch oder infrastrukturell wichtigen Regionen. Unternehmen nennen veraltete Katasterdaten und ungelöste Eigentumskonflikte als zentrale Hürden. Reformen wie die Gründung der Katasterbehörde, gesetzliche Vereinfachungen und der Ausbau digitaler Dienste sind Schritte in die richtige Richtung – doch bestehen weiterhin Lücken. Um diese zu schließen, sollte das Kataster vollständig digitalisiert werden, beginnend in wirtschaftlich prioritären Gebieten. Gleichzeitig müssen sich überschneidende Eigentumsansprüche zügig durch spezialisierte Einheiten innerhalb der Katasterbehörde geklärt werden. Dazu sollten transparente Verfahren ausgearbeitet werden.

Ausblick

Durch die weitere Verbesserung des Geschäftsklimas – insbesondere durch eine stärkere Umsetzung bestehender Regelungen, klarere Verfahren und eine frühzeitigere Einbindung des Privatsektors – könnte Albanien zusätzliche ausländische Investitionen anziehen und mehr hochwertige Arbeitsplätze schaffen. Beides ist entscheidend, um das Wachstum zu sichern und während der EU-Integration Fachkräfte im Land zu halten.

Dieser Newsletter basiert auf unserer Policy Study „Improving the Business Climate – Boosting Investment: Proposals from International Investors in Albania”.

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