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Dr. Alexander Knuth

Reformen für ein besseres Geschäftsklima

Das Geschäftsklima in Kosovo hat sich in den letzten Jahren stetig verbessert. Laut einer aktuellen Umfrage unter kosovarischen und deutschen Investoren planen viele Unternehmen, ihre Investitionen im Land auszuweiten. Die gleiche Studie zeigt jedoch auch Reformbedarf auf, darunter die weitere Verbesserung der Verfahren zur Vorsteuererstattung, die Erleichterung der Installation von Solaranlagen, die Durchsetzung von Datenschutzstandards, die Erleichterung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs und die Modernisierung des Bildungswesens.

  • Kosovo
NL 09 | Januar - Februar 2023
Entwicklung des Privatsektors

Die Regierung hat bereits wichtige Reformschritte in den genannten Bereichen unternommen. Nun ist es wichtig, die Dynamik beizubehalten und die eingeleiteten Reformen vollständig umzusetzen.

Einleitung

In den letzten zehn Jahren ist die Wirtschaft in Kosovo erheblich gewachsen, mit hohen Wachstumsraten von bis zu 10,5 % im Jahr 2021. Das Wirtschaftsmodell des Landes basierte früher stark auf Rücküberweisungen zur Finanzierung des inländischen Konsums, hat sich aber in letzter Zeit stärker in Richtung eines investitions- und exportbasierten Wachstums orientiert. Um Investitionen anzukurbeln, ist es wichtig, dass die Unternehmen das Geschäftsklima im Allgemeinen und das regulatorische Umfeld im Besonderen positiv einschätzen.

Eine aktuelle Umfrage des German Economic Team in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Kosovarischen Wirtschaftsvereinigung (KDWV) und REX Consulting unter kosovarischen und deutschen Investoren ergab, dass das Geschäftsklima insgesamt positiv bewertet wird. Die Mehrheit der befragten Unternehmen blickt optimistisch in ihre geschäftliche Zukunft und plant, ihre Investitionen in Kosovo auszuweiten.

In der Studie wurden aber auch Bereiche ermittelt, die aus Sicht der Wirtschaft dringend reformiert werden müssen. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Regierung die Probleme bereits erkannt und wichtige Reformschritte unternommen hat. Nach den Ergebnissen der Umfrage zu urteilen, haben diese Reformen jedoch noch nicht ihre volle Wirkung auf die Unternehmen entfaltet. In den folgenden Abschnitten werden die jüngsten Reformerfolge hervorgehoben und die empfohlenen nächsten Schritte kurz umrissen.

Verbesserung der Effizienz der Vorsteuererstattung

Die Finanzverwaltung in Kosovo hat verschiedene Maßnahmen zur Effizienzsteigerung durchgeführt, darunter die Einführung der elektronischen Abgabe von Steuererklärungen. Das System beinhaltet auch ein „Erstattungsmanagement“-Tool, das die Unternehmen über den Status ihrer Anträge auf Vorsteuererstattung informiert. Die Finanzverwaltung hat außerdem damit begonnen, Vorsteuererstattungsanträge mit einem risikobasiertem Ansatz zu verarbeiten, so dass Unternehmen, deren Steuerunterlagen ein geringes Fehlerrisiko aufweisen, weniger Nachprüfungen und schnellere Erstattungen erhalten. Daten für den Zeitraum Januar bis November 2022 zeigen, dass sich die Verfahren für Steuerrückerstattungen verbessert haben. Steuerpflichtige, die mit geringem Risiko eingestuft sind, warten durchschnittlich 15 Tage auf ihre Erstattung, Steuerzahler mit hoher Risikoeinstufung warten durchschnittlich 38 Tage.

Diese Reformen sind ein großer Schritt nach vorn im Vergleich zur früheren Situation, aber es gibt noch Raum für weitere Verbesserungen. Erstens sollte die Zeit zwischen Vorsteuererklärung und -erstattung noch weiter verkürzt werden. Dies würde den Unternehmen helfen, da ihnen weniger Liquidität entzogen wird.

Zweitens sollte zur Förderung der Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) eine Option zur Ist-Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten erwogen werden. Dies würde KMU helfen, die besonders anfällig für finanzielle Engpässe sind und einen schlechteren Zugang zu Finanzmitteln haben.

Erleichterung der Installation von Solaranlagen

Das Wirtschaftsministerium hat eine neue Energiestrategie für den Zeitraum 2022-2031 ausgearbeitet, die darauf abzielt, den Stromerzeugungsmix durch Investitionen in erneuerbare Energiequellen zu diversifizieren und die Braunkohleverstromung zu reduzieren. Das Amt für Energieregulierung arbeitet derzeit an einer neuen Einspeisevergütungsregelung für sogenannte Prosumer, die auch eine Anhebung der Kapazitätsgrenze für Solaranlagen vorsieht. Die neue Prosumer-Regelung würde den Unternehmen in Kosovo helfen, da viele von ihnen bereit sind, in Solarpaneele zu investieren, aber langfristig berechenbare Einspeisetarife benötigen, um solide Investitionsentscheidungen treffen zu können.

Ebenfalls wichtig für Investoren ist die Vereinheitlichung der kommunalen Genehmigungsverfahren für Solaranalgen. Der Reformprozess zur Vereinheitlichung liegt derzeit auf Eis, muss aber schnell wieder aufgenommen werden.

Beschleunigung der Datenschutzreformen

Kosovo hat bereits 2016 ein Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten verabschiedet, das mit der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Einklang steht. Dieses moderne Datenschutzgesetz ist vor allem für Unternehmen im Bereich IT- und Business Process-Outsourcing hilfreich, allerdings nur, wenn sich potenzielle Outsourcing-Kunden aus der EU auf die effektive Durchsetzung des Datenschutzes in Kosovo verlassen können.

Die für die Durchsetzung des Gesetzes zuständige Behörde, die Agentur für Information und Datenschutz (IPA), war jedoch nach ihrer Gründung fast drei Jahre inaktiv und hat erst vor kurzem ihre Arbeit aufgenommen.

Jetzt gilt es, die verlorene Zeit aufzuholen und rasch Maßnahmen zu ergreifen, um die ordnungsgemäße Umsetzung der Datenschutzstandards zu gewährleisten. Zu den empfohlenen Maßnahmen gehören die Bereitstellung genauer Informationen für Bürger und Unternehmen über Datenschutzrechte, die Verbesserung der Rechenschaftspflicht des Privatsektors sowie eine verstärkte Anleitung durch die IPA, u. a. durch Leitlinien für die Datenverarbeitung und Musterdokumente, um den Unternehmen die Umsetzung der Datenschutzgesetze zu erleichtern.

Grenzüberschreitenden Güterverkehr erleichtern

Der grenzüberschreitende Güterverkehr war für kosovarische Unternehmen bisher schwierig und kostenintensiv. Kosovarische Exporteure und Importeure mussten stets auf teure ausländische Speditionen zurückgreifen, da es Kosovo bisher nicht gelang, internationalen Abkommen, die den Güterverkehr und dessen Versicherung regeln, beizutreten. Das wichtigste dieser internationalen Abkommen ist die so genannte Green-Card-Mitgliedschaft. Durch gemeinsame Anstrengungen mehrerer kosovarischer Regierungsstellen gelang es bereits, alle technischen Voraussetzungen für die Green-Card-Mitgliedschaft zu erfüllen. Kürzlich hat das Kosovarische Amt für Versicherungen angekündigt, dass die Green-Card-Mitgliedschaft bald zu erwarten ist.

Durch die damit verbundenen Kostensenkungen hilft dies Unternehmen, insbesondere KMU, die kleinere Mengen von Gütern in EU-Länder exportieren oder aus EU-Ländern importieren, da sie zukünftig die Möglichkeit bekommen, kleinere Transportsendungen mit ihrem eigenen Lkw oder Lieferwagen zu transportieren.

Langfristige Mammutaufgaben angehen

Die Studie zeigt auch einige grundlegende Probleme für das Geschäftsklima in Kosovo auf. Vor allem gibt es eine Diskrepanz zwischen dem Bildungssystem und den von den Unternehmen benötigten Qualifikationen. Dies führt zu zwei Effekten, die sich gegenseitig verstärken. Erstens werden viele Unternehmen in ihrem Wachstum gehemmt, weil sie nicht genügend oder nicht adäquat qualifizierte Mitarbeiter:innen finden. Zweitens verlassen talentierte junge Menschen Kosovo, weil sie dort nicht die Qualifikationen erwerben können, die auf dem heimischen Arbeitsmarkt gefragt sind. Obwohl es einige kleine Reformversuche gab, insbesondere im Bereich der IT-Ausbildung, bleibt das Problem immens. Ernsthafte grundlegende Reformen sind notwendig, um das Bildungssystem mit den Bedürfnissen der Wirtschaft in Einklang zu bringen. Solche Reformen werden sich erst langfristig auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken. Obwohl hier keine schnellen Erfolge zu erwarten sind, müssen die Reformen unbedingt in Angriff genommen werden.

Zu den weiteren langfristigen Herausforderungen gehören der Mangel an erschlossenen Gewerbeflächen und die unzuverlässige Stromversorgung.

Kommunikation der Reformfortschritte

Die Reformen in den beschriebenen Bereichen haben begonnen und sind teilweise schon weit fortgeschritten. Nun kommt es darauf an, die Dynamik aufrechtzuerhalten und die Reformen, einschließlich der empfohlenen Maßnahmen, vollständig umzusetzen. Eine Verlangsamung der Reformdynamik birgt dagegen die Gefahr, dass geplante Investitionen zurückgehalten werden.

Es ist zusätzlich wichtig, dass die Politik Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen effektiv kommuniziert. Die vorgenannte Umfrage fand eine Reihe von Diskrepanzen zwischen dem Stand der Gesetzesreformen und dem Informationsstand der Unternehmen. Daher sollten die Unternehmen effektiver über die Reformpläne und -fortschritte informiert werden, auch wenn die Unternehmen die Investitionsbedingungen bereits als günstig einschätzen. Dies wird das Geschäftsklima weiter verbessern, da die Unternehmen ein noch umfassenderes Bild von den positiven Zukunftsaussichten in Kosovo erhalten.

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Dieser Newsletter basiert auf der Policy Study “Improving the Business Climate – Boosting Investment. Proposals from German Business in Kosovo”.