Reform der freien Wirtschaftszonen in Armenien
Derzeit sind zwei Freie Wirtschaftszonen (FEZ) mit aktiven Unternehmen in Armenien in Betrieb, während eine Anzahl weiterer Projekte geplant ist. Die Wirkungen in Bezug auf die Anziehung von Investoren und die Schaffung von Arbeitsplätzen waren bisher begrenzt. Internationale Erfahrungen zeigen, dass es Zeit braucht, bis Zonenprogramme ihre Effekte entfalten. Gleichzeitig identifizierte die durchgeführte Untersuchung einen Bedarf und ein Potenzial, die Effektivität der FEZ in Armenien in den vier wichtigen Dimensionen (1) strategische Ausrichtung, (2) Value Proposition, (3) institutionelles Model und (4) Promotion zu erhöhen.
Um das Potenzial von FEZ für die wirtschaftliche Entwicklung aufzuschließen, sollten sich Reformbemühungen vor allem auf den strategischen und institutionellen Rahmen konzentrieren. Dieser spielt eine zentrale Rolle für den Reformerfolg in den anderen Dimensionen.
Hintergrund
Freie Wirtschaftszonen („Free Economic Zones“, FEZ) oder andere Arten von Sonderwirtschaftszonen („Spe-cial Economic Zones“, SEZ) stellen geografisch abgegrenzte Gebiete dar, in denen Regierungen Investitionen und industrielle Aktivitäten durch steuerliche und regulatorische Anreize sowie weitere Infrastrukturunterstützung und Dienstleistungen erleichtern. Auf Zonen basierende Konzepte sind weltweit weit verbreitet. Nach Angaben der UNCTAD gibt es mehr als 5.000 Zonen in fast 150 Ländern. Internationale Erfahrungen zeigen, dass FEZ oder ähnliche Zonen einen wichtigen Beitrag zu Wirtschaftswachstum und nachhaltiger Entwicklung leisten können. Der eher mäßige Erfolg von FEZ in Armenien in Bezug auf die Anziehung von Investoren und die Schaffung von Arbeitsplätzen deutet darauf hin, dass dieses Förderinstrument noch nicht in vollem Umfang genutzt wird. Vor diesem Hintergrund hat das German Economic Team eine Bewertung der FEZ in Armenien und der relevanten Reformmaßnahmen in der jüngsten Vergangenheit durchgeführt. Auf der Grundlage dieser Bewertung wurden Bereiche identifiziert, in denen weitere Reformbemühungen erforderlich sind.
FEZ in Armenien – aktueller Stand und Entwicklungen
Derzeit sind nur zwei FEZ – Alliance und Ecos (gegründet 2013 und 2019) – in Betrieb, jede mit ca. 10 Unternehmen und 200-250 Beschäftigten. Die FEZ Meridian (gegründet 2015) hat keine ansässigen Unternehmen mehr, und derzeit werden alternative Optionen für die Nutzung des Geländes geprüft, da der Schwerpunkt auf Schmuckexporten im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft Armeniens in der EAWU nicht tragfähig ist. Die FEZ Meghri, die 2017 an der Grenze zum Iran eingerichtet wurde, ist aufgrund ungelöster Grundstücksfragen noch immer ohne aktive Unternehmen. Im Sommer 2024 wurde die Einrichtung einer Tourismus-FEZ rund um ein Skigebiet in der Provinz Aragatsotn angekündigt. Den im Rahmen der Untersuchung durchgeführten Interviews zufolge sind mehrere weitere Zonen geplant, darunter der Shirak Trockenhafen / SEZ. Das 400 Hektar große Projekt ist ein wichtiges Element der Initiative „Crossroads of Peace“ der armenischen Regierung.
Freie Wirtschaftszonen in Armenien
Quelle: Eigene Recherche und Darstellung
Die Zonen in Armenien unterscheiden sich im Hinblick auf ihr Profil. Die FEZ Meghri ist die einzige staatliche Zone; die anderen Zonen werden von privaten Unternehmen verwaltet. Im Falle des geplanten Trockenhafens und der SEZ in der Region Shirak ist ein PPP-Modell angedacht. Bei den beiden operativen Zonen – FEZ Alli-ance und FEZ Ecos – handelt es sich um Multi-Aktivitätszonen mit einem branchenübergreifenden Zielgruppenspektrum und Schwerpunkt auf einer breit angelegten industriellen Entwicklung. Die neue Tourismus-FEZ und die nicht mehr in Betrieb befindliche FEZ Meridian fallen in die Kategorie der spezialisierten Zonen, die auf die Entwicklung und internationale Integration bestimmter Branchen und Wertschöpfungsketten ausgerichtet sind. Die FEZ Meghri ist als Grenzzone konzipiert. Das geplante Projekt in der Region Shirak kombiniert einen Trockenhafen als logistischen Knotenpunkt mit einer Multi-Aktivitätszone, um zusätzliche Industrieinvestitionen anzuziehen, wodurch sich die Effekte gegenseitig verstärken. Bisher ist eine innovations- oder technologieorientierte Zone nicht Teil des FEZ-Portfolios in Armenien.
Reformpotenzial in erfolgskritischen Dimensionen
Die durchgeführte Untersuchung identifizierte in allen wichtigen Dimensionen ein Potenzial, die Effektivität aufbauend auf bereits erfolgten Reformbemühungen weiter zu erhöhen. Das Fehlen eines kohärenten strategischen Rahmens stellt eine übergreifende Herausforderung dar. Gut durchdachte strategische Grundlagen sind von besonderer Bedeutung, wenn der Privatsektor an der Entwicklung und dem Betrieb von Zonen beteiligt ist. Während im Falle des geplanten Trockenhafens und der SEZ von Shirak ein strategischer Ansatz erkennbar ist, wurden die meisten FEZ auf einer Ad-hoc-Basis ge-schaffen, die stark von den Interessen der Unternehmen bestimmt wurde. Die in Betrieb befindlichen Zonen verfügen noch nicht über eine vollständig überzeugende Value Proposition, die sich stark auf Steuervergünstigungen ohne einen gezielten Ansatz stützt. Das Potenzial für eine Differenzierung durch zielgruppenorientierte Infrastruktur- oder Service-Angebote wird bisher nur teilweise genutzt.
Der derzeitige institutionelle Rahmen birgt ein geringes Synergiepotenzial und eine schwache Kapazitätsbildung, da alle Zonen von unterschiedlichen Einrichtungen entwickelt werden und die privaten Betreiber nicht auf einschlägige Erfahrungen aus anderen zonenbezogenen Projekten zurückgreifen können. Das Finanzierungsmodell, das auf der Untervermietung von Grundstücken/Gebäuden in Privatbesitz beruht, führt fast zwangsläufig zu nicht wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen für Investoren. Die Promotion der Zonen wurde bereits vom Wirtschaftsministerium und Enterprise Armenia verstärkt. Allerdings ist der Umfang der Kommu-nikationsinstrumente und -kanäle sowie die Intensität der Vermarktungsmaßnahmen im internationalen Vergleich noch begrenzt. Synergiepotenziale zwischen den verschiedenen Zonen bleiben ungenutzt.
Fokus auf strategischen und institutionellen Rahmen
Vor diesem Hintergrund besteht eindeutig die Notwendigkeit und das Potenzial, die Wirksamkeit der FEZ in Armenien zu erhöhen. Bei den Reformbemühungen sollte besonderes Augenmerk auf den strategischen und institutionellen Rahmen gelegt werden, der eine wichtige Rolle für den Erfolg in den anderen Dimensionen spielt.
Als Ausgangspunkt sollten die geplante Anzahl und Art der Zonen klar definiert werden, um allen Beteiligten eine Orientierung zu geben. In diesem Zusammenhang sollten auch die Mindestanforderungen für künftige Zonen festgelegt werden. Es wird ein Entwicklungspfad empfohlen, bei dem der Schwerpunkt zunächst von den Multi-Aktivitätszonen hin zu spezialisierten und Lo-gistikzonen und dann zu innovationsorientierten Zonen und Grenzzonen verschoben wird. Langfristig sollten die Zonen in ein landesweites innovationsorientiertes Industrieentwicklungsprogramm umgewandelt bzw. integriert werden.
Es sollte in Erwägung gezogen werden, die Beteiligung des privaten Sektors auf PPP-Modelle zu beschränken, um einen größeren Einfluss des Staates zu gewährleisten. Der bei der Planung des Shirak Trockenhafen / SEZ eingeschlagene Weg sollte weiterverfolgt werden. Angesichts der mäßigen Leistung der privaten Zonen scheinen PPP-Modelle eine vielversprechendere Option zu sein, um die Risiken und Erträge auszugleichen. Darüber hinaus sollte das Monitoring der Zonen und Investitionsprojekte weiter intensiviert werden. Ein wirksames Monitoring ist eine Voraussetzung für die Umsetzung eines strategischen Ansatzes.
Vorgeschlagener Entwicklungspfad
Quelle: Eigene Recherche und Darstellung
Schlussfolgerung
Reformen des strategischen und institutionellen Rahmens bilden die Grundlage für eine Verfeinerung der Value Proposition und einen Ausbau der Vermarktung der Zonen. Entsprechend dem vorgeschlagenen Entwicklungspfad sollte sich die künftige Value Proposition der Zonen stärker auf bedarfsorientierte Infrastruktur- und Service-Angebote und weniger auf Steuervergünstigungen konzentrieren. Die Promotion sollte auf der Grundlage eines zielgruppenorientierten und kooperativen Ansatzes intensiviert werden. Um die Wirksamkeit zu erhöhen, bietet die Vermarktung der Zonen unter einer gemeinsamen Marke ein aussichtsreiches Potenzial.
Dieser Newsletter basiert teilweise auf dem Policy Briefing Re-forming Free Economic Zones (FEZ) in Armenia -Assessment of implementation and next steps.