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Dr. Alexander Knuth

Neue KMU-Strategie: Ein Wendepunkt

Die Strategie zur Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) stellt einen vielversprechenden und zukunftsorientierten Schritt zur Stärkung des privaten Sektors dar. Sie basiert auf internationalen Best Practices, erweitert das Spektrum an Förderinstrumenten, stärkt die institutionelle Koordination und führt differenzierte Maßnahmen für verschiedene Segmente des KMU-Sektors ein. Zu den besonders gelungenen Aspekten zählen der verbesserte Zugang zu Finanzierung, öffentlichen Aufträgen und Exportmärkten. Der zugehörige Implementierungsplan konzentriert sich auf vorbereitende Arbeiten wie weitere Analysen und Gesetzesentwürfe und schafft damit wichtige Grundlagen. Entscheidend wird jedoch sein, die Umsetzung konkret und wirksam voranzutreiben, um das volle Potenzial des KMU-Sektors auszuschöpfen.

  • Usbekistan
NL 36 | Mai-Juni 2025
Entwicklung des Privatsektors

Hintergrund

Am 19. März 2025 verabschiedete die Regierung Usbekistans die neue Strategie zur Entwicklung von KMU. Die Strategie zeigt, dass dem privaten KMU-Sektor zunehmend eine zentrale Rolle für inklusives Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Innovation beigemessen wird. Sie orientiert sich an internationalen Best Practices und wurde in enger Zusammenarbeit mit Entwicklungspartnern ausgearbeitet. Die Strategie stellt einen vielversprechenden Ansatz zur Entwicklung des usbekischen Privatsektors dar.

Offiziellen Statistiken zufolge entfallen 74% der Beschäftigung auf KMU. Diese Zahl schließt jedoch auch Selbstständige in der Subsistenzwirtschaft mit ein. Nach internationalen Standards – die ausschließlich formelle Unternehmen als KMU zählen – liegt der tatsächliche Beschäftigungsanteil bei rund 31%.

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Dies unterstreicht das bislang ungenutzte Potenzial des KMU-Sektors zur formellen Beschäftigung und Produktivitätssteigerung.

Zentrale Elemente der neuen Strategie

  1. Aufwertung der Bedeutung der KMU-Politik

Die Strategie verankert die KMU-Förderung als zentrale Querschnittsaufgabe der Regierung. Der neu geschaffene Republikanische Rat für die Entwicklung von KMU unter Leitung des Vizepremierministers und Ministers für Wirtschaft und Finanzen unterstreicht diese Aufwertung. Dem Rat gehören acht Minister bzw. Vizeminister, fünf Ausschussvorsitzende des Parlaments und ein stellvertretender Gouverneur der Zentralbank an – ein klares Zeichen für hochrangiges politisches Engagement und sektorübergreifende Koordination.

  1. Erweiterung des Förderinstrumentariums

Steuererleichterungen und subventionierte Kredite bildeten bislang die dominierenden Instrumente der KMU-Förderung in Usbekistan. Die neue Strategie setzt darüber hinaus auf eine breitere Palette an Maßnahmen, darunter der erleichterte Zugang zu Gewerbeflächen, eine stärkere Einbindung in das öffentliche Beschaffungswesen, gezielte Exportförderung sowie die Unterstützung von Innovationsaktivitäten.

  1. Differenzierte Förderung innerhalb des KMU-Sektors

Die Strategie erkennt die Heterogenität des KMU-Sektors an. Sie enthält gezielte Maßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen – von Selbstständigkeit im ländlichen Raum bis hin zur Förderung exportorientierter Unternehmen. Internationale Erfahrung zeigt, dass solch eine differenzierter Förderansatz mehr Wirksamkeit verspricht als eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip.

  1. Enge Einbindung internationaler Partner

Die Strategie wurde unter Beteiligung zahlreicher nationaler Entwicklungspartner und internationaler Finanzinstitutionen (u. a. Asian Development Bank, Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Weltbankgruppe) entwickelt. Auf der KMU-Konferenz am 27. Mai 2025 stellten Regierung und Partnerinstitutionen aufeinander abgestimmte Förderinitiativen vor – ein Ausdruck gelungener Koordination und gegenseitiger Unterstützung.

  1. Orientierung an internationalen Best Practices

Das Strategiepapier orientiert sich an anerkannten internationalen Erfahrungen und bezieht Empfehlungen des German Economic Teams mit ein. Mehrere Reformvorschläge basieren auf international erprobten Förderprogrammen.

Wirkungsstarke und kosteneffiziente Maßnahmen

Unter den 100 vorgeschlagenen Maßnahmen sind einige besonders erwähnenswert, weil sie international bewährt und mit vergleichsweise geringem Ressourcenaufwand umsetzbar sind und gleichzeitig nachweisbare Effekte bis 2030 erwarten lassen. Dazu gehören:

  • Erleichterter Zugang zu Finanzierung für KMU durch vielfältigere Finanzierungsinstrumente
  • Erleichterter Zugang zu kostengünstigen Gewerbe- und Büroflächen
  • Erleichterter Zugang zum öffentlichen Beschaffungswesen
  • Überarbeitung formaler Steuerbegünstigungen, die unternehmerisches Wachstum bislang ausbremsten
  • Unterstützung bei der Erschließung internationaler Märkte, inklusive Förderung zur Einhaltung technischer Standards und zur Zertifizierung

Verbleibende Herausforderungen

Trotz dieser wichtigen Fortschritte gibt es in der Strategie noch Verbesserungspotenziale:

  1. Umfangreiche Zielsetzung

Mit 22 Unterzielen und 100 Einzelmaßnahmen ist die Strategie ambitioniert, aber zugleich breit gefächert. Diese Vielzahl birgt das Risiko einer Überforderung institutioneller Kapazitäten und könnte die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen beeinträchtigen. Ein stärker fokussierter Ansatz mit klaren Prioritäten würde die Umsetzbarkeit und Zielorientierung deutlich erleichtern. Zudem greifen einige Maßnahmen – etwa die Privatisierung staatlicher Unternehmen – über den Rahmen klassischer KMU-Politik hinaus und erfordern separate politische Reformprogramme.

  1. Lücken zwischen Strategie und Implementierungsplan

Ein Großteil der für 2025 vorgesehenen Implementierungsschritte im Implementierungsplan sind vage formuliert oder ohne klaren Umsetzungsmechanismus hinterlegt. Viele Schritte betreffen weitere Analysen oder vorbereitende Gesetzesinitiativen. Nur ein kleiner Teil des Implementierungsplans für 2025 enthält konkrete Förderprogramme, von denen die meisten dem Bereich Bildung und Training zugeordnet sind.

Besonders ins Gewicht fällt, dass konkrete Förderprogramme für mittelständische Unternehmen in 2025 nicht vorgesehen sind. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein am selben Tag verabschiedeter Präsidialerlass, der gezielte Fördermaßnahmen für mittlere Unternehmen enthält. Dieses Element hätte in die KMU-Strategie integriert werden können.

  1. Zuständigkeiten und Ressourcenfragen

Die Maßnahmen der Strategie und die Aktionen des Aktionsplans für 2025 weisen die Zuständigkeiten mehreren Institutionen zu, ohne jedoch eine klare Führungsstelle zu benennen, wodurch die Gefahr einer Fragmentierung und schwachen Koordinierung besteht. So sind beispielsweise an der Initiative zur Entwicklung einer einheitlichen digitalen Plattform für die KMU-Förderung mehr als vier Einrichtungen beteiligt, ohne dass eine Federführung benannt wurde.

Zugleich implizieren einige Maßnahmen erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen – etwa bei der Förderung von Start-ups in den Bereichen künstliche Intelligenz, grüne Technologien und Smart Industries durch Wagniskapital – ohne dass es bisher Festlegungen zu finanziellen oder institutionellen Ressourcen gibt.

Fazit

Die neue KMU-Strategie Usbekistans markiert einen wichtigen Schritt hin zu einem inklusiven und wettbewerbsfähigen Privatsektor. Sie baut auf internationalen Erfahrungen auf, trägt der Vielfalt des KMU-Sektors Rechnung und wurde unter breiter Einbindung nationaler und internationaler Akteure entwickelt.

Gleichzeitig zeigt sich insbesondere beim Implementierungsplan noch Nachbesserungsbedarf, vor allem im Hinblick auf konkrete Förderprogramme. Ein verstärkter Fokus auf praxis- und zeitnahe Förderprogramme könnte wesentlich dazu beitragen, das volle Potenzial der Strategie zu entfalten – insbesondere für mittelständische Unternehmen, die eine Schlüsselrolle für Exportwachstum und die Integration in internationale Wertschöpfungsketten spielen.

Der Erfolg der Strategie wird letztlich davon abhängen, wie entschlossen und wirkungsorientiert ihre Umsetzung gestaltet wird.

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