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Carolin Busch

Landwirtschaft in Moldau: Starke Auswirkungen des Krieges

Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Sektor der moldauischen Wirtschaft, auf den rund 10% des BIP und 45% der Exporte entfallen. Da die Preise für Agrarprodukte durch den Krieg in der Ukraine in die Höhe geschnellt sind, stellt sich die Frage, ob die moldauischen Landwirte davon profitieren können. Um diese zu beantworten, hat das German Economic Team eine Analyse der kriegsbedingten Veränderungen in der Produktionskostenstruktur der wichtigsten moldauischen Agrarexporte – Weizen, Mais, Sonnenblumenkerne und Raps – durchgeführt.

  • Moldau
NL 73 | September - Oktober 2022
Agrarsektor und Ernährungswirtschaft

Unsere Analyse zeigt, dass die Produktion dieser Güter mit Ausnahme von Sonnenblumenkernen weniger rentabel geworden ist, da der Anstieg der Marktpreise geringer ist als der Anstieg der Produktions- und Exportkosten. Ein wichtiger Faktor ist hier der Anstieg der Transportkosten für moldauische Exporteure um 180%, der den Gewinn der Landwirte schmälert. Dies hängt mit den Logistikproblemen zusammen, mit denen das Land aufgrund des Krieges konfrontiert ist, und stellt eine negative Auswirkung dar, die ausschließlich Moldau betrifft.

Landwirtschaft mit wichtiger Rolle für die Wirtschaft

Die Bedeutung des Agrarsektors für die moldauische Wirtschaft hat in den letzten Jahren langsam abgenommen, ist aber mit rund 10% des BIP immer noch bedeutend.

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Beschäftigung. Bei den Exporten ist die Rolle des Sektors mit einem Anteil von 45% im Jahr 2021 sogar noch größer. Zu den wichtigsten Agrarexporten gehören Getreide, vor allem Weizen und Mais, sowie Ölsaaten und Pflanzenöle. Die Ausfuhren schwanken jedoch von Jahr zu Jahr stark, was die Anfälligkeit des Sektors für externe Schocks wie Wetterbedingungen und Weltmarktpreise zeigt. Da die Exportmengen Moldaus auf dem Weltmarkt gering sind, ist das Land ein Preisnehmer. Darüber hinaus sind die Lager- und Verarbeitungsmöglichkeiten im Land begrenzt. Infolgedessen haben die moldauischen Landwirte kaum Möglichkeiten, ihre Exportmengen an Marktentwicklungen anzupassen – stattdessen werden die Exportmengen hauptsächlich durch die Erntemengen bestimmt, die wiederum von den Wetterbedingungen abhängen.

Marktpreise stark gestiegen, aber auch Inputkosten

Die globalen Preise für wichtige Nahrungsmittel wie Weizen, Mais und Sonnenblumenkerne sind seit Mitte 2021 gestiegen. Nach der russischen Invasion der Ukraine sind sie in Erwartung künftiger Versorgungsengpässe weiter in die Höhe geschnellt. Die negativen Auswirkungen dieser hohen Lebensmittelpreise auf die Verbraucher, insbesondere in armen Ländern, sind weithin diskutiert worden. Andererseits könnten sich die hohen Preise positiv für Produzenten auswirken. Zusätzlich zu den Marktpreisen für Rohstoffe stiegen jedoch auch die Preise für wichtige Produktionsmittel wie Dünger und Diesel. Dadurch steigen die Produktionskosten, was besonders bei Getreide problematisch ist, da die Gewinnmargen in der Regel gering sind.

Um festzustellen, ob die Erzeuger in Moldau, einem Nettoexporteur von Getreide und Ölsaaten, von den hohen Marktpreisen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine profitieren, hat das German Economic Team eine Analyse der Veränderungen der Produktionskosten der wichtigsten landwirtschaftlichen Exportgüter des Landes – Weizen, Mais, Sonnenblumenkerne und Raps – durchgeführt. Die Analyse basiert auf Interviews mit den wichtigsten Interessengruppen, darunter Landwirte, Großhändler für landwirtschaftliche Betriebsmittel, Industrieexperten und Regierungsvertreter.

Stark gestiegene Produktions- und Transportkosten

Unsere Analyse vergleicht die durchschnittlichen Produktionskosten für die jeweiligen Agrarprodukte in den vier Jahren vor dem Krieg mit den durchschnittlichen Produktionskosten 2022. Die Analyse zeigt, dass die Produktionskosten in Moldau zwischen 53% (für Raps) und 99% (für Weizen) gestiegen sind. Diese Kostensteigerungen sind zwar hoch, fallen aber in anderen Ländern ähnlich aus und dürften daher keinen Wettbewerbsnachteil für die moldauischen Landwirte darstellen. Unsere Analyse hat jedoch auch gezeigt, dass die moldauischen Landwirte neben den gestiegenen Kosten für Betriebsmittel aufgrund des Krieges in der Ukraine vor zusätzlichen Herausforderungen stehen.

Das größte Problem für den Sektor ist die Exportlogistik. Aufgrund der Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen müssen die ukrainischen Exporteure andere Transportwege für ihre Agrarexporte nutzen. Dazu gehören auch Routen durch Moldau. Da das ukrainische Exportvolumen um ein Vielfaches größer ist als das Moldaus, belastet dies die Logistik- und Verkehrsinfrastruktur des Landes, z.B. die relativ kleinen Donauhäfen, Eisenbahnlinien und Straßen, einschließlich der Grenzübergänge. Infolgedessen sind die Kosten für den Transport von Getreide und Ölsaaten aus Moldau zu den Häfen an der Donau oder dem Hafen von Constanta in Rumänien um 180% gestiegen. Diese Transportkosten werden zwar von den Händlern getragen, verringern aber den Endpreis, der Landwirten in Moldau gezahlt wird.

Negativer Ausblick für wichtige Agrargüter

Auf Grundlage unserer Analyse der Kostenstruktur vor dem Krieg im Vergleich zu diesem Jahr schätzen wir für jede der vier Kulturen, welche Erträge die Landwirte erzielen müssten, um ihre Ernten zu Vorkriegs- und aktuellen Marktpreisen gewinnbringend zu exportieren.

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Bei Weizen beispielsweise würde die derzeitige Kostenstruktur einen Ertrag von knapp unter 3 t/ha erfordern, um bei Marktpreisen von 320 USD/t die Gewinnschwelle zu erreichen. Vor dem Krieg wäre ein Landwirt bereits mit Erträgen unter 2 t/ha profitabel gewesen, obwohl die Marktpreise deutlich niedriger waren.

Die gleiche Untersuchung wurde für Mais, Sonnenblumenkerne und Raps durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Landwirte bei jeder dieser Kulturen mit durchschnittlichen Erträgen schlechter gestellt sind, außer bei der Produktion von Sonnenblumenkernen.

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Für die Produktion und den Export von Sonnenblumenkernen zeigen unsere Untersuchungen, dass die Landwirte bei durchschnittlichen Erträgen, die in Moldau bei etwa 2 t/ha liegen, aktuell besser dastehen als vor dem Krieg. Nur wenn die Erträge unter 2 t/ha fallen, können die derzeit hohen Preise die gestiegenen Kosten für Produktion und Exportlogistik nicht ausgleichen.

Insgesamt deutet die Analyse in Verbindung mit Informationen über die erwarteten Erträge für diese Saison darauf hin, dass die Landwirte in Moldau Probleme mit der Rentabilität von Weizen- und Maisexporten haben werden. Andererseits dürfte der Export von Sonnenblumenkernen und Raps bei den derzeitigen Marktpreisen und Produktionskosten immer noch rentabel sein.

Handlungsempfehlungen und Ausblick

Unsere Analyse zeigt, dass der Krieg in der Ukraine zwar einige positive Auswirkungen auf den moldauischen Agrarsektor durch höhere Erzeugerpreise hat, dass aber die negativen Nebeneffekte überwiegen. Die Logistikprobleme und gestiegenen Transportkosten betreffen neben der Ukraine nur Moldau und könnten daher eine Unterstützung des Sektors rechtfertigen. Kurzfristig könnten die Erzeuger bei der Bewältigung der gestiegenen Inputkosten unterstützt werden, z.B. durch Steuerbefreiungen oder -erleichterungen. Darüber hinaus sind Verbesserungen der Logistikinfrastruktur, z.B. zusätzliche Eisenbahnwaggons oder Frachtterminals, dringend erforderlich. Langfristig sollten die Maßnahmen auch Verbesserungen der Bewässerungs-, Nachernte-, Lager- und Verarbeitungsinfrastruktur umfassen. Diese könnten die Fähigkeit der moldauischen Landwirte erhöhen, auf externe Schocks, sowohl negativer als auch positiver Natur, zu reagieren.

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Dieser Newsletter basiert auf der Policy Study: Impact of the war in Ukraine on the Moldovan agriculture sector – focus on cereals and oilseeds.