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Woldemar Walter

Krieg in der Ukraine: Auswirkungen auf Usbekistan

Der Krieg in der Ukraine wird große Auswirkungen auf die Usbekische Volkswirtschaft haben.

 

  • Usbekistan
NL 17 | März - April 2022
Makroökonomische Analysen und Prognosen
Zusammenfassung

Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegenüber Russland werden starke Auswirkungen auf die usbekische Wirtschaft haben. Aufgrund einer geringeren Nachfrage werden usbekische Exporte nach Russland voraussichtlich um 555 Mio. USD oder 0,8% des BIP zurückgehen. Allerdings lässt sich etwa die Hälfte des Rückgangs auf andere Länder umlenken. Rücküberweisungen werden ebenfalls stark betroffen sein. Wir erwarten, dass die Rücküberweisungen aus Russland um 2,5 Mrd. USD oder 3,5% des BIP zurückgehen werden. Das wird insbesondere einen starken negativen Einfluss auf den Konsum haben.

Eine weitere Herausforderung im Zusammenhang mit dem Krieg sind steigende Lebensmittelpreise. Bei der Annahme eines Weizenpreisanstiegs von etwa einem Drittel wird Usbekistan für seine Importe etwa 200 Mio. USD mehr ausgeben müssen. Das wird insbesondere einkommensschwache Haushalte weiter belasten. Zur Abfederung der Effekte wird die Regierung die Bevölkerung unterstützen müssen. Zusätzlich dazu sollten Strategien zur weiteren Diversifizierung der Exporte sowie der Zielländer für Arbeitsmigranten entwickelt werden.

Hintergrund

Der Krieg in der Ukraine wird nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die beiden beteiligten Länder, sondern auch auf die mit ihnen wirtschaftlich verbundenen Länder haben. Durch die massiven Sanktionen wird die russische Wirtschaft im Jahr 2022 voraussichtlich um 10% schrumpfen und mit einer hohen Inflation von 20% konfrontiert sein. Das wird die usbekische Wirtschaft wiederum über verschiedene Kanäle beeinflussen: Sowohl die usbekischen Exporte nach Russland als auch die Rücküberweisungen aus Russland nach Usbekistan werden wahrscheinlich erheblich zurückgehen.

Schätzung des Rückgangs der usbekischen Exporte

Im Jahr 2021 exportierte Usbekistan Waren im Wert von 1,7 Mrd. USD nach Russland, was 12% der gesamten usbekischen Warenexporte entsprach und das Land zum zweitwichtigsten Markt knapp hinter China machte. Die wichtigsten Exportwaren nach Russland sind Textilien und Bekleidung mit einem Anteil von 55% und landwirtschaftliche Erzeugnisse mit einem Anteil von 20% an den Ausfuhren. Auch die Exporte in die Ukraine werden wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Da sie aber einen weitaus geringeren Anteil der usbekischen Exporte ausmachen (ca. 1,6%), konzentriert sich unsere Analyse auf Russland.

Für die wichtigsten Waren analysieren wir die Auswirkungen auf die usbekischen Exporte auf der Ebene einzelner Produkte. Die Schätzung für 2022 basiert auf dem beobachteten usbekischen Exportrückgang während der Krise 2014/2015.

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Die usbekischen Exporte nach Russland werden aufgrund der geringeren russischen Nachfrage voraussichtlich um 555 Mio. USD (0,8% des usbekischen BIP) zurückgehen. Für den Textil- und Bekleidungssektor wird ein Rückgang um 216 Mio. USD, für die Agrar- und Ernährungswirtschaft um 121 Mio. USD und für andere Produkte um 218 Mio. USD prognostiziert. Wir gehen jedoch davon aus, dass es Usbekistan kurzfristig gelingen wird, etwa die Hälfte der Waren auf andere Märkte umzulenken. Dies dürfte insbesondere für weniger verarbeitete Textilerzeugnisse wie Baumwollgarn, gewebte und gestrickte Stoffe sowie für einen Großteil der Agrar- und Nahrungsmittelerzeugnisse, z.B. Aprikosen, Kirschen und Pfirsiche gelten. Der Gesamteffekt auf die usbekischen Exporte wird sich dadurch auf etwa 273 Mio. USD oder 0,4% des BIP verringern.

Rücküberweisungen werden deutlich sinken

Rücküberweisungen sind ein wichtiger Faktor für die usbekische Wirtschaft und ein zentraler Treiber des privaten Konsums. Russland ist die wichtigste Quelle für usbekische Rücküberweisungen. Russlands Anteil stieg über die Jahre kontinuierlich auf schätzungsweise 5,3 Mrd. USD im Jahr 2021, was 56% der gesamten Rücküberweisungen und 7,2% des BIP entspricht.

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Wir schätzen, dass der erwartete Einbruch der russischen Wirtschaft und die westlichen Sanktionen gegenüber Russland die Überweisungen aus Russland nach Usbekistan im Jahr 2022 um etwa 50% verringern könnten. Dies würde einen Gesamtrückgang der Rücküberweisungen um 2,5 Mrd. USD oder 3,5% des BIP bedeuten. Geringere Rücküberweisungen werden zu einem Rückgang der inländischen Nachfrage führen.

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Der Konsum wird voraussichtlich am stärksten betroffen sein, selbst wenn der Schock durch einen Rückgang der Importe abgefedert wird, welche die Hälfte der inländischen Nachfrage ausmachen. Auch die Investitionen werden voraussichtlich zurückgehen. Die Wirkung auf das BIP wird auf 1,0 Mrd. USD geschätzt, was einem Rückgang des BIP-Wachstums um 1,4 Prozentpunkte entspricht.

Effekt auf die Energie- und Lebensmittelpreise

Auch wenn Usbekistan reich an Energieressourcen ist, ist es dennoch von der Einfuhr von Erdölprodukten abhängig, von denen ein erheblicher Teil aus Russland kommt. Die Ölpreise sind seit Beginn des Krieges weltweit gestiegen. Da jedoch viele Länder ihre Käufe von russischem Öl reduziert haben, wird es mit einem erheblichen Preisnachlass verkauft. Usbekistan wird höchstwahrscheinlich weiterhin Erdölprodukte aus Russland beziehen und somit nicht oder nur in sehr viel geringerem Maße von den steigenden Preisen betroffen sein.

Anders verhält es sich bei Weizen, bei dem Usbekistan ebenfalls ein Nettoimporteur ist. Der Großteil des Getreides wird derzeit aus Kasachstan importiert. Die Preise für Weizen sind aufgrund des erwarteten Ausfalls der Lieferungen aus der Ukraine erheblich gestiegen. Geht man von einem Preisanstieg von etwa einem Drittel gegenüber dem Vorjahr aus, so würde Usbekistan im Jahr 2022 zusätzliche Ausgaben in Höhe von ca. 200 Mio. USD oder 0,3% des BIP für seine Weizenimporte aufbringen müssen.

Fazit

Der Krieg in der Ukraine und die gegen Russland verhängten Sanktionen werden auch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf Usbekistan in Form von geringeren Exporten, stark sinkenden Rücküberweisungen und steigenden Lebensmittelpreisen haben. Dies wird vor allem einkommensschwache Haushalte treffen. Die Regierung sollte Strategien zur Unterstützung dieser Haushalte entwickeln, die neben sozialer Unterstützung auch Bemühungen zur Diversifizierung der Zielländer für Arbeitsmigranten umfassen sollten. Dabei kann auf bestehende Erfahrungen aufgebaut werden, z.B. auf die Arbeitsmigrantenprogramme mit Südkorea. Dennoch wird es schwierig werden, diese Auswirkungen kurzfristig zu kompensieren.

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