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Felix Schwickert

Kosovos SEPA-Beitritt: Prozess, Fortschritt und erwartete Vorteile

Kosovo steht kurz davor, dem einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) beizutreten, nachdem in den letzten Monaten erhebliche Fortschritte bei der Anpassung der Rechtsvorschriften an EU-Standards erzielt wurden. Der SEPA-Beitritt würde zahlreiche Vorteile bringen. So erwarten wir, dass er zu einer Reduzierung der Gebühren für internationale Überweisungen führen würde, was sowohl kosovarischen Bürgern im In- und Ausland als auch kosovarischen Unternehmen zugutekäme. Konkret könnten durch den SEPA-Beitritt etwa 55 Mio. Euro jährlich an Transaktionsgebühren gespart werden, wobei wir von einem Einspar-potential von 26 Mio. Euro bei Gebühren für Rücküberweisungen und ca. 29 Mio. Euro bei Gebühren für Außenhandelszahlungen ausgehen. Zudem könnte die SEPA-Mitgliedschaft den Wettbewerb unter in Kosovo tätigen Zahlungsdienstleistern (ZDL) fördern, was zu niedrigeren Gebühren für Inlandsüberweisungen führen und bargeldlose Zahlungen fördern würde. Dies würde nicht nur Transaktionskosten im Einzelhandel senken, sondern auch Transparenz erhöhen und Schattenwirtschaft eindämmen. Als wichtiger Bestandteil des neuen EU-Wachstumsplans, würde eine SEPA-Mitgliedschaft zudem EU-Mittel verfügbar machen und Kosovos EU-Beitrittsperspektive langfristig stärken.

  • Kosovo
NL 20 | November-Dezember
Außenhandel und regionale Integration
Einleitung

SEPA ist eine EU-Initiative zur Harmonisierung des elektronischen Euro-Zahlungsverkehrs in ganz Europa. Sie wird politisch von der Europäischen Kommission (EK) vorangetrieben, die die entsprechenden EU-Rechtsvorschriften vorgeschlagen hat und nun den Erweiterungsprozess auf politischer Ebene überwacht. Auf technischer Ebene ist der Europäische Zahlungsverkehrsausschuss (European Payments Council, EPC) federführend. Er entscheidet, ob neue Länder und deren Zahlungsdienstleister (ZDL) technisch in der Lage sind, SEPA-Zahlungen abzuwickeln. Die Europäische Zentralbank (EZB) spielt eine unterstützende und koordinierende Rolle.

Alle Länder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und acht weitere europäische Länder sind SEPA-Mitglieder, darunter Montenegro und Albanien. Die restlichen 4 Länder des Westbalkans streben einen Beitritt in den kommenden Jahren an. Das „Payments Modernisation Project“ unterstützt die Länder des Westbalkans und ihre jeweiligen ZDL-Gemeinschaften beim SEPA-Beitritt, indem es die Entwicklung von Rechtsvorschriften begleitet und die technische Bereitschaft der ZDL sicherstellt. Es wird von der Weltbank geleitet und vom Sekretariat des Mitteleuropäischen Freihandelsabkommens (CEFTA) und dem Regionalen Kooperationsrat (RCC) unterstützt.

In diesem Newsletter fassen wir den Prozess des SEPA-Beitritts kurz zusammen, geben einen Überblick über den aktuellen Fortschritt Kosovos im Beitrittsprozess und gehen näher auf die Vorteile ein, die eine SEPA-Mitgliedschaft dem Land bringen würde.

SEPA-Beitrittsprozess

Um von der SEPA-Mitgliedschaft profitieren zu können, muss Kosovo zwei Hürden nehmen. Zunächst muss Kosovo als Land in den geografischen Geltungsbereich von SEPA aufgenommen werden. Anschließend müssen die ZDL in Kosovo entweder einzeln oder gemeinsam die Teilnahme an SEPA-Zahlungsverfahren beantragen.

Ein Beitritt Kosovos zum geografischen SEPA-Geltungsbereich erfordert die folgenden Schritte. Zunächst bereiten das Finanzministerium und die kosovarische Zentralbank (CBK) Gesetze vor, um den Rechtsrahmen des Landes an die SEPA-Anforderungen anzupassen. Sobald das Parlament diese Gesetze verabschiedet hat, kann die CBK dem EPC Kosovos Antrag auf SEPA-Mitgliedschaft vorlegen. Nach der Genehmigung durch den EPC wird Kosovo Mitglied des geografischen Geltungsbereichs von SEPA.

Wie bereits erwähnt, werden Vorteile nur dann eintreten, wenn lokale ZDL SEPA-Zahlungen anbieten. Anstatt ZDL zur Teilnahme an SEPA-Verfahren zu verpflichten, setzt Kosovo auf einen Marktmechanismus. Die Nutzung von SEPA-Verfahren senkt die Kosten für internationale Überweisungen für ZDL, indem sie Prozesse vereinfacht und die Beteiligung von Intermediären begrenzt. Der damit einhergehende potenzielle Kostenvorteil gegenüber anderen ZDL schafft Anreize für eine frühzeitige Teilnahme an SEPA-Verfahren. Sobald einige wenige ZDL SEPA-Dienstleistungen anbieten, wird der Wettbewerb Druck auf andere ZDL ausüben, diesem Beispiel zu folgen, was langfristig zu einer Teilnahme aller ZDL führen dürfte.

Bei unserer Analyse der Vorteile einer SEPA-Mitgliedschaft für Kosovo sind wir vom Normalfall einer vollständigen ZDL-Teilnahme an SEPA-Verfahren ausgegangen.

Bisheriger Fortschritt im SEPA-Beitrittsprozess

Anfang Dezember 2024 hat Kosovo die letzten beiden Verordnungen verabschiedet, die noch fehlten, damit der Rechtsrahmen Kosovos den SEPA-Anforderungen entspricht.

Bereits Mitte Oktober hatte die kosovarische Zentralbank beim EPC und der Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (DG FISMA) der Europäischen Kommission einen Vorantrag auf SEPA-Mitgliedschaft gestellt. Nachdem nun alle Gesetze offiziell verabschiedet wurden, werden der EPC und DG FISMA mit der Prüfung des Vorantrags beginnen.

Die Nachbarländer haben bisher unterschiedlich große Fortschritte gemacht: Montenegro und Albanien wurden bereits in den geografischen Geltungsbereich von SEPA aufgenommen, während Nordmazedonien seinen Antrag eingereicht hat und voraussichtlich 2025 beitreten wird. Serbien plant, bald einen Antrag zu stellen, und in Bosnien und Herzegowina muss die Gesetzgebungsarbeit noch abgeschlossen werden.

Gebührenersparnis bei Rücküberweisungen

Ein SEPA-Beitritt würde höchstwahrscheinlich zu einer Senkung der Gebühren führen, die ZDL für Rücküberweisungen verlangen. Die Senkung der Überweisungsgebühren wäre ein sehr direkter und greifbarer Vorteil eines SEPA-Beitritts. Eine solche Gebührensenkung würde kosovarischen Bürgern sowohl im In- als auch im Ausland zugutekommen.

Im Jahr 2023 erhielt Kosovo 1,3 Mrd. Euro an Rücküberweisungen von seiner Diaspora, wobei 1,1 Mrd. Euro (83%) aus SEPA-Ländern stammten. Die durchschnittlichen Gebühren für Rücküberweisungen nach Kosovo lagen im Jahr 2023 bei 3,05%. Wäre Kosovo bereits SEPA-Mitglied gewesen, hätten die Gebühren nach unseren Schätzungen nur 0,67% betragen. Dies deutet darauf hin, dass ein SEPA-Beitritt Gebühren für Rücküberweisungen in etwa um 2,39 Prozentpunkte senken würde. Auf der Grundlage der Zahlen aus dem Jahr 2023 gehen wir also davon aus, dass ein SEPA-Beitritt zu einer Gebührenreduzierung von 26,3 Mio. Euro pro Jahr führen würde.

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Gebührenersparnis im Außenhandel

Eine SEPA-Mitgliedschaft würde auch die Gebühren für Außenhandelszahlungen erheblich senken. Im Jahr 2023 belief sich Kosovos Außenhandel in Waren und Dienstleistungen mit derzeitigen und künftigen SEPA-Ländern auf 7,4 Mrd. Euro. Die durchschnittlichen Gebühren für Zahlungen im Zusammenhang mit Kosovos Außenhandel dürften durch einen SEPA-Beitritt von 0,43% auf 0,04% sinken, wodurch jährlich schätzungsweise 29,1 Mio. Euro an Transaktionsgebühren eingespart würden.

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Die Reduktion von Gebühren für Außenhandelszahlungen würde dem Land in zweierlei Hinsicht zugutekommen. Importe von Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland wären für Kosovos Bürger und Unternehmen günstiger. Außerdem wären kosovarische Exporte auf dem europäischen Markt attraktiver, wenn sie nicht mehr mit hohen Zahlungsgebühren verbunden wären, was dem kosovarischen Exportsektor zugutekommen würde.

Weitere Vorteile

Wir erwarten, dass die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile eines SEPA-Beitritts für Kosovo weit über die Reduzierung der Gebühren für internationale Überweisungen hinausgehen. Da der SEPA-Beitritt im neuen EU-Wachstumsplan als Priorität aufgeführt ist, könnte sich die Erreichung dieses Ziels mittelfristig positiv auf den Erhalt von EU-Mitteln auswirken und langfristig die EU-Beitrittsaussichten Kosovos stärken. Ein SEPA-Einschluss könnte den Wettbewerb zwischen in Kosovo tätigen ZDL verschärfen, was zu einer Senkung von Gebühren für Inlandsüberweisungen führen könnte.

Niedrigere Gebühren für Inlandsüberweisungen könnten bargeldlose Zahlungsmittel fördern und die mit Bargeldzahlungen einhergehenden, sehr hohen Transaktionskosten im kosovarischen Einzelhandel senken. Diese Verlagerung hin zu mehr bargeldloser Zahlung würde die Schattenwirtschaft eindämmen und den Zugang der Bürger zum Finanzmarkt verbessern. Eine Senkung der Gebühren für Rücküberweisungen könnte außerdem die Nutzung digitaler Kanäle für Rücküberweisungen fördern und so auch Transaktionskosten bei Rücküberweisungen verringern. Diese Vorteile sind nicht im Voraus quantifizierbar, sind jedoch zentral.

Dieser Newsletter basiert auf dem Policy Briefing “Joining the SEPA system – economic benefits”.

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