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Felix Schwickert

Kosovos schnell wachsende Wirtschaft

2024 wuchs Kosovos Wirtschaft um 4,4% – am schnellsten im Westbalkan. Privater Konsum war Haupttreiber des BIP Wachstums, begünstigt durch eine niedrigere Arbeitslosigkeitsquote, rückläufige Inflation und steigende Reallöhne. Auch Investitionen trugen postitiv zum Wachstum bei, während negative Nettoexporte bremsten. Die Inflation lag 2024 im Schnitt bei 2,1%, nahe am Ziel der EZB. Das Leistungsbilanzdefizit stieg moderat auf 8,9% des BIP, da Kosovo weniger EU-Zuschüsse erhielt als 2023. Kosovos Warenhandelsdefizit und Dienstleistungsüberschuss blieben weitgehend unverändert. Die Visaliberalisierung führte zu deutlich mehr Dienstleistungsimporten. Dienstleistungsexporte stiegen jedoch noch stärker an, getrieben durch einen starken Anstieg an Touristen im Land. Das Haushaltsdefizit sank deutlich auf 0,1% des BIP dank höherer Einnahmen, besonders aus der Mehrwertsteuer. Für das Jahr 2025 wird erwartet, dass das Wirtschaftswachstum, die Inflation und das Leistungsbilanzdefizit stabil bleiben. Die Regierung plant eine deutliche Erhöhung der Ausgaben und rechnet mit einem Defizit von 2,2% des BIP.

  • Kosovo
NL 22 | März-April 2025
Makroökonomische Analysen und Prognosen
Wirtschaftswachstum

Im Jahr 2024 wuchs Kosovos Wirtschaft um 4,4%, getragen vor allem von höherem privaten Konsum. Dieser wurde durch sinkende Arbeitslosigkeit, rasche Disinflation, steigende Reallöhne und wachsende Haushaltskredite gestützt. Ein Teil der gestiegenen Nachfrage wurde über Importe gedeckt, was das reale BIP-Wachstum dämpfte. Nach sehr niedrigen Niveaus in den Vorjahren stiegen auch die öffentlichen Investitionen deutlich und trugen positiv zum Wachstum bei.

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Inflation

Nach rascher Disinflation 2023 lag Kosovos Inflationsrate 2024 im Schnitt bei 2,1% – im Einklang mit dem Inflationsziel der EZB.

Da Kosovo den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel nutzt, ist das Land abhängig von der Geldpolitik der EZB. Diese hielt 2023 den Leitzins hoch, um die Disinflation im Euroraum zu unterstützen. Entsprechend blieben auch die Kreditzinsen in Kosovo hoch, was private Investitionen 2023 bremste. Seit Juni 2024 senkt die EZB schrittweise den Leitzins, wodurch auch die Zinsen in Kosovo sinken. Niedrigere Zinsen schaffen Spielraum für dringend benötigte Investition in den kommenden Jahren.

Leistungsbilanz

Kosovo weist traditionell ein hohes Leistungsbilanzdefizit auf, bedingt durch ein großes Warenhandelsdefizit. 2024 weitete sich das Defizit moderat auf 8,9% des BIP aus, vor allem wegen rückläufiger Sekundäreinkommen.

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Das Warenhandelsdefizit blieb stabil. Steigende Importe infolge höherer Binnennachfrage wurden weitgehend durch höhere Exporte ausgeglichen. Hauptursache für den Exportanstieg war eine Erholung der Exporte von Mineralien und unedlen Metallen nach einem schwachen Jahr 2023.

Wider Erwarten konnte Kosovo seinen Überschuss im Dienstleistungshandel um 0,6 Ppkt. des BIP ausweiten. Seit dem 1. Januar 2024 dürfen Kosovos Bürger visafrei bis zu 90 Tage in den Schengen-Raum reisen. Entsprechend nahm der Ausreisetourismus deutlich zu, da viele Kosovarinnen und Kosovaren Verwandte in der EU besuchten – dort lebt der Großteil von Kosovos relativ großer Diaspora. Dienstleistungsimporte stiegen entsprechend wie erwartet deutlich (+1,5 Ppkt. des BIP). Überraschend hingegen war der starke Anstieg der Dienstleistungsexporte (+2,0 Ppkt.), der das Importwachstum noch übertraf. Die meisten Dienstleistungsexporte Kosovos sind tourismusbezogen und entwickeln sich im Einklang mit den Besucherzahlen. 2024 reisten 694 Tsd. Menschen nach Kosovo – ein Anstieg um 11,7% gegenüber dem Vorjahr.

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Kosovos Überschuss im Dienstleistungshandel fällt deutlich kleiner aus als das Warenhandelsdefizit, wodurch das Land stark auf Sekundäreinkommen angewiesen ist, um das Leistungsbilanzdefizit zu reduzieren. Rücküberweisungen sind die Hauptquelle von Sekundäreinkommen für Kosovo. Sie sind 2024 moderat auf 12,8% des BIP gesunken. Der Rückgang dürfte auf vermehrte Bartransfers zurückzuführen sein – im Einklang mit gestiegenem Reiseverkehr zwischen Kosovo und den Diasporaländern. Zweitwichtigste Quelle von Sekundäreinkommen sind Zuschüsse, vor allem aus der EU. 2024 erhielt Kosovo weniger Zuschüsse als im Vorjahr, als Brüssel 75 Mio. Euro im Rahmen des „Energy Support Package for the Western Balkans“ auszahlte. Insgesamt sanken die Sekundäreinkommen um 1,7 Ppkt. des BIP, was zur Ausweitung des Defizits beitrug.

Öffentlicher Haushalt

Das Haushaltsdefizit wurde 2024 deutlich auf 0,1% des BIP verringert. Diese Konsolidierung wurde durch einen starken Anstieg öffentlicher Einnahmen erreicht. Besonders bemerkenswert war der Anstieg der Mehrwertsteuereinnahmen, der die starke private Konsumnachfrage, aber auch Verbesserungen bei der Steuererhebung, widerspiegelte.

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Entscheidend ist, dass die Konsolidierung nicht auf Kosten öffentlicher Ausgaben erfolgte. Im Gegenteil, die öffentlichen Ausgaben stiegen, vor allem aufgrund höherer öffentlicher Investitionen. Die Ausführungsquote der budgetierten öffentlichen Investitionen, die in den letzten Jahren oft Anlass zur Sorge gab, verbesserte sich 2024 deutlich von 68% auf 75%. Obwohl die Haushaltsausführung noch nicht optimal ist, stellt dies eine positive Entwicklung dar.

Ausblick

Für 2025 prognostiziert der IWF ein reales BIP-Wachstum von etwa 4%. Die Inflation wird sich voraussichtlich um das Ziel der EZB von 2% stabilisieren. Auch das Leistungsbilanzdefizit Kosovos dürfte stabil bleiben.

Die Regierung plant eine expansivere Fiskalpolitik und rechnet mit einem Haushaltsdefizit von 2,2% des BIP. Während die Einnahmen relativ stabil bleiben sollen, ist ein deutlicher Anstieg der öffentlichen Ausgaben vorgesehen. Dieser Anstieg ist das Resultat mehrerer Maßnahmen, etwa der Entscheidung der Regierung von Oktober 2024, Renten um 20% zu erhöhen, sowie einer geplanten Lohnerhöhung im öffentlichen Sektor. Zudem wurde ein starker Anstieg öffentlicher Investitionen eingeplant. Ob es dazu tatsächlich kommt, hängt von der weiteren Verbesserung der Haushaltsausführung ab.

Die geplante Erhöhung der öffentlichen Ausgaben stellt einen fiskalischen Impuls dar, der im Einklang mit den Fiskalregeln Kosovos steht. Ziel ist es, das niedrige Schuldenniveau des Landes zu nutzen, um die Binnennachfrage zu stützen und soziale Bedürfnisse zu adressieren.

Dieser Newsletter basiert auf der achten Ausgabe des Wirtschaftsausblicks Kosovo.

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