Konsumlaune nimmt zu – Wachstum übertrifft Erwartungen
Im Jahr 2023 wuchs Kosovos Wirtschaft um 4,1% und übertraf damit die meisten Prognosen. Für 2024 erwartet der IWF eine reale Wachstumsrate von 3,8% und somit, dass Kosovo die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft unter den Westbalkan-Staaten sein wird. Nach überraschend starkem Wachstum im ersten Halbjahr 2024 (5,6% im Q1-24 und 4,3% im Q2-24), könnte diese Prognose noch nach oben korrigiert werden. Privater Konsum war 2023 der Haupttreiber des BIP Wachstums, aber auch die erheblich gestiegenen öffentlichen Investitionen trugen zum Wachstum bei.
Die Inflation sank im Laufe des Jahres 2023 deutlich und stabilisierte sich im ersten Halbjahr 2024 bei etwa 2%. Das Leistungsbilanzdefizit verringerte sich erheblich von 10,3% des BIP im Jahr 2022 auf 7,7% des BIP im Jahr 2023, was sowohl auf ein reduziertes Außenhandelsdefizit wie auch auf einen höheren Überschuss in der Dienstleistungsbilanz zurückzuführen ist. Das Haushaltsdefizit wurde trotz eines starken Anstiegs der öffentlichen Ausgaben erheblich auf 0,2% des BIP im Jahr 2023 gesenkt. Diese positive Dynamik wurde durch ein starkes Wachstum der öffentlichen Einnahmen ermöglicht.
Wirtschaftswachstum
Im Jahr 2023 wuchs die Wirtschaft in Kosovo um 4,1%, in erster Linie bedingt durch gestiegenen privaten Konsum, der durch steigende Reallöhne, erhebliche Rücküberweisungen und höhere Bankkredite angekurbelt wurde. Auch die öffentlichen Investitionen stiegen von einem sehr niedrigen Niveau in den letzten Jahren deutlich an und trugen positiv zum Wachstum bei.
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Für 2024 prognostiziert der IWF ein reales BIP Wachstum von 3,8% und erwartet somit, dass die kosovarische Volkswirtschaft am schnellsten in der Region wachsen wird. Laut vorläufigen Quartalsdaten der kosovarischen Statistikbehörde lag das reale Wachstum mit 5,6% im ersten und 4,3% im zweiten Quartal bisher über den Erwartungen.
Inflation und Geldpolitik
Die Inflationsrate in Kosovo erreichte 2022 ihren Höchststand und sank im Verlauf des Jahres 2023 deutlich, mit einem Jahresdurchschnitt von 5,2%. Diese desinflationäre Dynamik war hauptsächlich auf das langsamere Wachstum der globalen Rohstoffpreise, insbesondere für Nahrungsmittel und Energie, zurückzuführen. Im ersten Halbjahr 2024 blieb die Inflation stabil bei etwa 2%.
Kosovo verwendet den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel, was die Möglichkeiten der Zentralbank erheblich einschränkt, die Zinssätze im Land zu beeinflussen. Stattdessen hängen die Zinssätze in Kosovo weitgehend von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Im Jahr 2023 hielt die EZB die Leitzinsen hoch, um die nachlassende Inflation in der Eurozone nicht zu gefährden. Entsprechend blieben die Zinssätze für Bankkredite in Kosovo hoch, was die privaten Investitionen im Jahr 2023 dämpfte. Mit der Senkung der Leitzinsen durch die EZB im Jahr 2024 wird erwartet, dass auch die Zinssätze in Kosovo sinken werden. Diese Aussicht wirkt sich positiv auf die Konsumlaune aus und schafft mehr Raum für private Investitionen.
Leistungsbilanz
Traditionell weist Kosovo ein erhebliches Leistungsbilanzdefizit auf, das hauptsächlich durch ein großes Außenhandelsdefizit verursacht wird. Im Jahr 2023 verringerte sich das Leistungsbilanzdefizit auf 7,7% des BIP. Diese Entwicklung beruhte sowohl auf einer Konsolidierung des Außenhandelsdefizit (um 0,6 Ppkt. des BIP) als auch auf einer Ausweitung des Überschusses in der Dienstleistungsbilanz (1,5 Ppkt.des BIP).
Das Außenhandelsdefizit konnte verringert werden, weil Warenimporte stärker zurückgingen als Warenexporte. Der starke Rückgang der Warenimporte ist hauptsächlich auf die zuvor beschriebene desinflationäre Dynamik im Jahr 2023 zurückzuführen. Die Importpreise für Lebensmittel und Energie waren 2023 deutlich niedriger als 2022. Der Rückgang der Warenexporte hingegen spiegelt eine tatsächliche Verringerung der exportierten Waren wider (nicht nur eine Preisänderung) und wurde hauptsächlich durch die gedämpfte Nachfrage aus der EU, dem wichtigesten Exportmarkt, verursacht.
Der Überschuss in der Dienstleistungsbilanz konnte im Wesentlichen dank eines Anstiegs von Dienstleistungsexporten erreicht werden. In erster Linie entwickelte sich der von der Diaspora getriebene Tourismussektor, der 2023 74,4% aller Dienstleistungsexporte ausmachte, weiterhin stark.
Darüber hinaus trugen die viel kleineren, aber dynamisch wachsenden IT- und Telekommunikationssektoren positiv zur Ausweitung des Dienstleistungsbilanzüberschusses im Jahr 2023 bei.
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Öffentlicher Haushalt
Das Haushaltsdefizit wurde 2023 erheblich auf 0,2% des BIP gesenkt, gegenüber 0,7% des BIP im Jahr 2022. Diese fiskalische Konsolidierung konnte durch einen erheblichen Anstieg der öffentlichen Einnahmen erreicht werden, obwohl öffentliche Ausgaben ebenfalls deutlich anstiegen.
Konkret stiegen die öffentlichen Ausgaben um 1,1 Ppkt. des BIP, hauptsächlich bedingt durch einen Anstieg des staatlichen Konsums, in Folge einer Erhöhung des Lohnniveaus im öffentlichen Sektor. Auch öffentliche Investitionen sind im Jahr 2023 stark angestiegen, ausgehend von sehr niedrigen Niveaus in den Vorjahren. Grund für den Anstieg war sowohl eine Erhöhung der für öffentliche Investitionen vorgesehenen Haushaltsmittel als auch eine Verbesserung des Haushaltsvollzugs. Trotz dieser Verbesserung blieb der Haushaltsvollzug 2023 zu niedrig – nur 69 % der geplanten öffentlichen Investitionen wurden durchgeführt.
Die öffentliche Einnahmen stiegen im Jahr 2023 deutlich an, bedingt durch einen einmaligen Erhalt von Zuschüssen aus dem Energieunterstützungspaket der EU (0,7% des BIP), aber auch durch eine Erweiterung der Steuerbasis – getrieben durch Formalisierung des Arbeitsmarktes und Lohnerhöhungen – sowie einen verbesserten Steuereinzug.
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Ausländische Direktinvestitionen
Mit 8,8% des BIP erreichten die Nettozuflüsse ausländischer Direktinvestitionen (ADI) im Jahr 2023 ein Rekordniveau. In Relation zum BIP attrahierte Kosovo am meisten ADI auf dem Westbalkan. Das Jahr 2023 markierte damit den vorläufigen Höhepunkt einer seit 2020 anhaltenden Dynamik steigender ADI-Zuflüsse. Entsprechend stieg auch der ADI-Bestand des Landes in den letzten drei Jahren deutlich an und lag 2023 bei 64,9 % des BIP, was etwa dem regionalen Durchschnitt entspricht.
Der Großteil der ADI, die Kosovo attrahiert, stammt jedoch aus der Diaspora und geht in den Immobiliensektor (61% der gesamten Zuflüsse). Nur etwa 19% der gesamten ADI-Zuflüsse fließen in den Industrie-, Dienstleistungs- oder Energiesektor, wo der Zustrom ausländischer Mittel den größten positiven Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung hätte. Um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, sollte sich Kosovo darauf konzentrieren, Investitionen in die genannten drei Sektoren zu lenken. Eine positive Entwicklung in dieser Hinsicht ist die kürzlich gestartete Reihe von Auktionen für erneuerbare Energien. Ministerin Rizvanolli kündigte an, durch Auktionen bis 2031 etwa 1,2 Mrd. Euro an Investitionen in erneuerbare Energien zu mobilisieren.
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Ausblick
Die Konsumstimmung in Kosovo hat sich über 2H-2023 und 1H-2024 hinweg kontinuierlich verbessert. Für 2024 erwarten wir, dass Kosovo den Wachstumsschwung bei-behält, der mit der verbesserten Konsumlaune einher-geht. Um dies zu erreichen, ist es entscheidend, dass die Regierung ihre solide Haushaltslage nutzt, um dringend benötigte öffentlichen Investitionen weiter zu erhöhen. Dafür muss nicht nur der Haushaltsvollzug verbessert werden. Besonders wichtig ist es zudem die Zusammen-arbeit mit den bisher unzureichend genutzten internati-onalen Finanzinstitutionen, die bereit sind bei der Finan-zierung öffentlicher Investitionen zu helfen, auszu-bauen.
Dieser Newsletter basiert auf der siebten Ausgabe des Economic Monitor Kosovo.