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Garry Poluschkin, Robert Kirchner

Ein Blick auf die Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsbeziehungen

Am 11. Dezember findet das 7. Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum statt – zum dritten Mal während des Krieges. Hierzu bietet sich im Vorfeld eine gute Gelegenheit, die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder näher zu betrachten. Das bilaterale Handelsvolumen stieg 2023 auf 9,9 Mrd. EUR – ein neuer Rekord – und Deutschland zählt zu den wichtigsten Investitionspartnern. Sowohl der Handel als auch Investitionen werden durch staatliche Garantieprogramme unterstützt. Aufgrund des Krieges und der dadurch verursachten Zerstörungen gewinnen außerdem der Verteidigungs- und der Energiesektor zunehmend an Bedeutung, was sich auch im Forum widerspiegeln wird. Deutschland unterstützt beide Sektoren durch öffentliche Instrumente und private Investitionen. Das Wirtschaftsforum bietet damit eine wichtige Plattform, um die aktuellen Chancen und Herausforderungen in den Wirtschaftsbeziehungen zu diskutieren.

  • Ukraine
NL 193 | November 2024
Entwicklung des Privatsektors

Bilateraler Handel

Der bilaterale Handel zwischen Deutschland und der Ukraine ist in den letzten fünf Jahren kontinuierlich gewachsen. Bereits 2019 war Deutschland der drittwichtigste Handelspartner mit einem Handelsvolumen von 7,7 Mrd. EUR. Dieses Volumen stieg in den folgenden Jahren weiter an, was die Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der Beziehungen während der Pandemie und des Kriegs verdeutlicht. Das Handelsvolumen erreichte mit 9,9 Mrd. EUR im Jahr 2023 einen neuen Rekord.

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Nach 9M2024 stieg das Handelsvolumen um 17% zum Vorjahr und hat damit bereits das Niveau des Gesamtjahres 2022 übertroffen. Darüber hinaus übertrifft das Handelsvolumen mit der Ukraine in diesem Zeitraum das mit Russland um 17%. Insgesamt wird das bilaterale Handelsvolumen im Jahr 2024 voraussichtlich wieder einen neuen Rekordwert erreichen. Deutschland verzeichnet dabei einen erheblichen Handelsüberschuss. Ein Großteil der aktuellen Exporte ist auf den Verteidigungssektor zurückzuführen. Darüber hinaus exportiert Deutschland hauptsächlich Maschinen, elektrische Geräte und Fahrzeuge in die Ukraine. Doch nicht nur deutsche Exporte tragen zum Wachstum bei; Importe aus der Ukraine spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Nach 9M2024 stiegen die Importe um 23% zum Vorjahr. Die wichtigsten Güter umfassen landwirtschaftliche Erzeugnisse, elektrische Geräte, Möbel, Metalle und Metallprodukte.

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Die Ukraine ist zunehmend in die deutschen Wertschöpfungsketten integriert, beispielsweise als Exporteur von elektrischen Kabelbäumen. Als der Krieg ausbrach, musste Volkswagen vorübergehend Kurzarbeit in seinen Werken in Zwickau und Dresden einführen, da diese elektrischen Systeme kurzfristig nicht mehr aus der Ukraine importiert werden konnten.

Investitionstätigkeiten

Investitionen tragen ebenfalls zu den starken wirtschaftlichen Beziehungen bei. Im Jahr 2023 lag der Anteil deutscher Investitionen am Gesamtbestand bei 5% – Platz 4 unter allen Herkunftsländern. Deutsche Investitionen setzen sich dabei auch während des Krieges fort. Beispiele sind Bayer, Fixit, Notus oder Goldberg Solar, die Projekte angekündigt oder umgesetzt haben. Auch die Mitgliederzahl der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer ist gestiegen. Im Nov-24 verzeichnete die Kammer 223 Mitglieder, 69 mehr als vor dem Krieg. Die Rolle privater deutscher Investitionen wurde zudem durch die Bundesregierung in ihrem Eckpunktepapier zum Wiederaufbau der Ukraine unterstrichen. Die Attrahierung privater Investitionen war eines der Hauptthemen auf der diesjährigen Wiederaufbaukonferenz im Juni.

Garantieinstrumente

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit einer Reihe von Instrumenten. Während des Krieges wurden beispielsweise die öffentlichen Garantieprogramme für private Investitionen aus Deutschland aufrechterhalten. Seit 2022 wurden 32 Investitionsprojekte genehmigt, womit die Ukraine zum wichtigsten Zielland für dieses Instrument in Bezug auf die Anzahl der versicherten Projekte wurde. In Bezug auf den Bestand gehört die Ukraine mit 52 Garantien zu den drei wichtigsten Märkten nach Anzahl, jedoch außerhalb der Top 10 nach Volumen (rund 0,34 Mrd. EUR).

Ein weiteres öffentliches Instrument deckt Exporttransaktionen ab, die ebenfalls während des Krieges aufrechterhalten wurden. Hermesdeckungen schützen diese vor kommerziellen oder politischen Risiken eines Zahlungsausfalls. Seit Beginn des Krieges wurden Deckungen in Höhe von über 430 Mio. EUR bereitgestellt, was häufig die Importe wichtiger Kapitalgüter und Technologien ermöglicht.

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Die Ukraine gehört jedoch nicht zu den Top-10 Zielländern für Exportkreditgarantien. Unter anderem ist dies auf die kriegsbedingte Unsicherheit zurückzuführen. Daher liegt der Schwerpunkt auf kurzfristigen Deckungen. Dennoch sind die Exporte gestiegen, wobei der Zuwachs hauptsächlich auf den Verteidigungssektor zurückzuführen ist. Infolgedessen ist der Anteil der Garantien an den Exporten seit Beginn des Krieges gesunken.
Deutschland betonte während der Wiederaufbaukonferenz die fortwährende Bedeutung dieser beiden Instrumente. Andere Partnerländer folgen und bieten ähnliche Garantieprogramme an. Deutschland hat daher ein Abkommen zwischen 13 Exportkreditagenturen und Investitionsversicherern aus verschiedenen Ländern initiiert, um ein Austauschformat zu schaffen, das den Wissenstransfer fördert und Finanzierungsinstrumente zugunsten der Ukraine stärkt. Abschließend ist zu erwähnen, dass die deutsche DZ Bank an einem Garantieprogramm beteiligt ist, das Versicherungen für die Schifffahrt entlang des ukrainischen Meereskorridors bereitstellt. Dieser Korridor ermöglicht es der Ukraine, Exporte und Importe über das Schwarze Meer wieder aufzunehmen. Die Ukraine exportiert durchschnittlich 6,9 Mio. t (1,5 Mrd. USD) pro Monat über diese Route, deutlich mehr als während des Getreideabkommens (2,7 Mio. Tonnen, 0,8 Mrd. USD).

Das Wirtschaftsforum: Fokus auf Schlüsselsektoren

Seit Beginn des Krieges hat Deutschland seine Position als einer der wichtigsten Partner weiter gefestigt, indem es erhebliche finanzielle, humanitäre und militärische Unterstützung geleistet hat. Im Verteidigungsbereich hatte diese Unterstützung bereits signifikante wirtschaftliche Auswirkungen. Das Handelswachstum während des Krieges wurde hauptsächlich durch diese Güter getrieben, die nach 9M2024 etwa 25% der Exporte ausmachten. Darüber hinaus haben deutsche Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall oder Quantum Investitions- und Joint-Venture-Aktivitäten mit ukrainischen Partnern angekündigt oder umgesetzt, was die Zusammenarbeit in diesem Sektor stärkt. Die Kooperation zwischen dem wachsenden Verteidigungs- und dem IT-Sektor wird ebenfalls ein zentraler Diskussionspunkt auf dem Forum sein. Insbesondere kann die Ukraine ihr hohes Niveau an Digitalisierung im Bereich öffentlicher Dienstleistungen und Verteidigung präsentieren.

Der Energiesektor wird ebenfalls im Mittelpunkt stehen. Die Schäden wurden bis Mai-24 auf 16 Mrd. USD beziffert, 53% entfallen auf Stromerzeugungsanlagen, deren Reparatur länger dauert als bei Übertragungs- und Verteilinfrastruktur. Deutschland hat bereits 360 Mio. EUR Unterstützung für diesen Sektor zugesagt. Es wird weitere Diskussionen über die Einbindung privater Investitionen für Reparaturen und grüne Transformation geben.

Das Forum wird auch eine Plattform bieten, um zentrale kriegsbedingte Investitionshemmnisse wie Fachkräfte- und Energiemangel, oder Zugang zu Finanzmitteln zu diskutieren.

Ausblick

Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen haben sich seit Beginn des Krieges weiter intensiviert. Der bilaterale Handel hat sein bisher höchstes Niveau erreicht, Investitionen werden fortgesetzt, und Deutschland bleibt ein starker Unterstützer der Resilienz der Ukraine. Vor diesem Hintergrund wird das bevorstehende Forum eine zentrale Plattform für relevante Akteure aus verschiedenen Sektoren bieten, um den Dialog über den Wiederaufbau der Ukraine weiter zu intensivieren.

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