Drittes Jahr geringes Wachstum durch erneuten Energieschock
Das reale BIP-Wachstum in Moldau wird auch das dritte Jahr in Folge schwach bleiben. Ein erneuter Energieschock zu Beginn des Jahres 2025 hat zu einem deutlichen Anstieg der Strom- und Gaspreise geführt. In den ersten drei Monaten sank das reale BIP bereits um 1,2% und die Inflation stieg auf über 9% an. Darüber hinaus vergrößerte sich das Leistungsbilanzdefizit aufgrund sinkender Exporte und steigender Energieimporte. Als Reaktion darauf wurde die Fiskalpolitik expansiver, um Haushalte zu unterstützen. Auch wenn der EU-Wachstumsplan mittelfristig ein gewisses Potenzial bietet, sind für dieses Jahr keine größeren Impulse zu erwarten.
Schwacher Start ins Jahr 2025
Anfang 2025 wurde Moldau von einem weiteren Energieschock getroffen. Russland stellte die Gaslieferungen an die transnistrische Region (TN-Region) ein, die das rechte Ufer mit billigem Strom versorgte. Infolgedessen bezieht Moldau nun teureren Strom aus Rumänien. Dies hat zu einem starken Anstieg der Stromtarife geführt. Gleichzeitig nahmen auch die Gasimportpreise aufgrund von Missmanagement in der Beschaffungsstrategie der Regierung (siehe Ausgabe 87) zu.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Datawrapper zu laden.
Der Energieschock hatte direkte Auswirkungen auf das BIP, die Inflation, die Leistungsbilanz und den öffentlichen Haushalt. Das reale BIP ging in den ersten drei Monaten des Jahres 2025 um 1,2% gegenüber dem Vorjahr zurück. Für das Gesamtjahr wird ein Wachstum von etwa 1% prognostiziert, was nur eine geringe Erholung seit dem starken Rückgang im Jahr 2022 darstellt. Wichtigster Wachstumstreiber dürfte auf Angebotsseite der Agrarsektor sein, der sich nach der Dürre von 2024 erholen wird. Allerdings birgt der späte Frost Anfang 2025 ein gewisses Risiko. Auch die Sektoren Dienstleistungen und Industrie sollen erneut wachsen, letzterer aufgrund der im Jahr 2024 getätigten Investitionen.
Energiepreise treiben Inflation wieder in die Höhe
Nachdem die Inflation 2024 wieder in den Zielkorridor von 5% (± 1,5) zurückgekehrt war, wurde sie durch den Energieschock Anfang 2025 erneut nach oben getrieben. So stieg sie im Januar auf 9,1% und schwächte sich im Juni leicht auf 8,2% ab. Als Reaktion darauf erhöhte die Nationalbank von Moldau ihren Leitzins von 3,6% im Dez-24 auf 6,5% im Feb-25. Seitdem ist der Zinssatz unverändert geblieben. Es wird erwartet, dass die Inflation im letzten Quartal des Jahres wieder in den Zielbereich zurückkehrt.
Leistungsbilanzdefizit weitet sich weiter aus
Die Außenhandelsbilanz Moldaus hat sich in den ersten drei Monaten des Jahres 2025 verschlechtert. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich deutlich ausgeweitet, da die Exporte im Vergleich zum Vorjahr um 12% zurückgingen, während Importe um 18% stiegen.
Dies steht größtenteils im Zusammenhang mit der Energiekrise. Ein Grund für den Anstieg der Importe war die Klassifizierung der Stromflüsse: Während Strom aus der TN-Region früher nicht als Import galt, wird der nun aus Rumänien bezogene Strom offiziell, als Import registriert. Darüber hinaus sind die Importe aus Rumänien nun teurer als die früheren Importe aus der TN-Region. Dies führte zu einem Anstieg der registrierten Stromimporte um 500% und trug mit über +4,3 Prozentpunkten zum gesamten Importwachstum von 18% bei. Die Gasimporte machten +5,5 Prozentpunkte und die Fahrzeugimporte +1,4 Prozentpunkte aus.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Datawrapper zu laden.
Dies folgt auf ein bereits erhebliches Leistungsbilanzdefizit von 16 % des BIP im Jahr 2024. Dies war in erster Linie auf ein großes Handelsdefizit bei Waren zurückzuführen, da die Exporte um 12% zurückgingen in 2024. Dagegen war der Saldo der Dienstleistungen im Überschuss (5% des BIP), gestützt durch starke Exporte von IKT-, Transport- und Reisedienstleistungen. Obwohl Rücküberweisungen und andere Transferzahlungen eine gewisse Stütze bildeten und den externen Druck minderten, waren sie etwas geringer als in den Vorjahren.
Fiskalpolitik wird expansiver
Als Reaktion auf die steigenden Energiekosten und nach der Bestätigung des EU-Wachstumsplans für Moldau erhöhte die Regierung im Rahmen ihrer Initiative „Budget +PLUS“ das geplante Haushaltsdefizit für 2025 von 4,0% auf 5,1% des BIP. Die Anpassung beinhaltete eine Erhöhung der Ausgaben um 8 Mrd. MDL (ca. 400 Mio. EUR), und liegt somit 9% über den ursprünglichen geplanten Haushaltsausgaben. Etwa die Hälfte der zusätzlichen Ausgaben steht im Zusammenhang mit dem Energieschock und soll Haushalte für höhere Energiekosten entschädigen.
Im Gegensatz zur Heizperiode 2022/2023, in der die Heizkosten direkt in der Rechnung mit den Subventionen verrechnet wurden, sieht der Ansatz für 2024/2025 gezielte Bargeldtransfers vor, die nicht an den Energieverbrauch gebunden sind. Gleichzeitig wurde im Winter 2024/2025 zum ersten Mal ein Stromkompensationsprogramm eingeführt, das immer noch direkt in der Rechnung berücksichtigt wird und die ersten 110 kWh Stromverbrauch pro Monat abdeckt. Diese von der EU finanziert Maßnahme ist nicht zielgerichtet, da sie allen Haushalten, unabhängig von Ihrem Einkommen, zugutekommt.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Datawrapper zu laden.
Die verbleibende Hälfte des „Budget +PLUS” wird zwischen 2 Mrd. MDL für Infrastrukturprojekte und anderen Mitteln für den Schuldendienst und kleine Sozialprogramme aufgeteilt.
Im Jul-25 verabschiedete das Parlament eine zweite Haushaltsänderung, mit der sowohl die Einnahmen und Ausgaben um 648 Mio. MDL erhöht wurden. Auf der Einnahmenseite wird insbesondere mit höheren Mehrwertsteuereinnahmen gerechnet. Rund die Hälfte der neuen Ausgaben ist für eine einmalige Unterstützungszahlung an Schulkinder vorgesehen. Dies hilft zwar den Haushalten kurzfristig, zeigt aber auch den konsumorientierten Schwerpunkt der aktuellen Fiskalpolitik.
EU-Wachstumsplan bietet mittelfristiges Potenzial
Der Wachstumsplan der EU für Moldau (2025–2027) sieht eine Wachstums- und Reformfazilität in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. EUR (385 Mio. EUR an Zuschüssen und 1,5 Mrd. EUR an Darlehen zu Vorzugsbedingungen) vor, um das mittelfristige Wachstum zu fördern. Die Auszahlungen sind an eine Reformagenda geknüpft, die sieben Schwerpunktbereiche umfasst, welche sich auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Governance konzentrieren. Die Mittel werden in Tranchen ausgezahlt, abhängig vom Reformfortschritt und auf der Grundlage von halbjährlichen Berichten der moldauischen Regierung. Größere Auszahlungen werden erst für Dezember 2026 und Dezember 2027 erwartet. Daher werden die makroökonomischen Auswirkungen im Jahr 2025 voraussichtlich begrenzt bleiben. Für die Folgejahre bestehen jedoch auch Umsetzungsrisiken.
Fazit und Ausblick
Die Wirtschaft Moldaus wächst nach der schweren Rezession von 2022 weiterhin nur langsam. Der Energieschock von Anfang 2025 hat sich negativ auf das BIP, die Inflation, die Leistungsbilanz und die öffentlichen Finanzen ausgewirkt. Die Ausweitung des Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit erfordert eine genaue Beobachtung, da ein anhaltendes Doppeldefizit die makroökonomische Stabilität untergraben und die Fähigkeit zur Absorption künftiger Schocks beeinträchtigen könnte. Eine wirksame Umsetzung der Reformen des EU-Wachstumsplans könnte die mittelfristigen Aussichten Moldaus verbessern.
Dieser Newsletter basiert auf unserem 21. Wirtschaftsausblick Moldau.