Die ungleiche „eiserne Bruderschaft“ zwischen Belarus und China
Trotz der langjährigen diplomatischen Beziehungen zwischen Belarus und China kam ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit erst im Jahr 2013 in Fahrt. Die Wahl von Xi Jinping zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei und später zum Präsidenten Chinas stellte einen wichtigen Wendepunkt auch in den bilateralen Beziehungen der beiden Länder dar. Die aktuelle Zusammenarbeit basiert auf der Einbeziehung von Belarus in Chinas Projekt der Belt and Road Initiative (BRI) und der damit verbundenen finanziellen und technologischen Unterstützung durch China für Industrie- und Infrastrukturprojekte in Belarus.
Trotz der belarussischen Versuche, die Zusammenarbeit durch die Intensivierung der Handelsbeziehungen, insbesondere von Exporten, und die Anziehung von mehr chinesischen Direktinvestitionen (ADI) zu erweitern, dominiert China weiter die Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, indem es sich auf die langfristige Entwicklungsfinanzierung (EF) konzentriert, die für Belarus weniger vorteilhaft ist. Aufgrund des asymmetrischen Charakters ihrer Wirtschaftsbeziehungen und den aktuellen Tendenzen einer Stärkung der russisch-chinesischen Beziehungen sind die Aussichten für Belarus, von seiner „eisernen Bruderschaft“ mit China nachhaltig zu profitieren, begrenzt.
Belarus als Teil der BRI
Seit 2013 stellt Chinas Strategie zur Entwicklung der globalen Handelsinfrastruktur im Rahmen der BRI und ihrer Landkomponente der Neuen Seidenstraße einen wesentlichen Hintergrund für die belarussisch-chinesische Zusammenarbeit dar. Im Rahmen der BRI strebt China die Entwicklung moderner physischer Infrastrukturen wie Eisenbahnen, Autobahnen und Pipelines an, um Zugang zu den attraktivsten globalen Märkten zu erhalten und gleichzeitig seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss zu vergrößern. Aufgrund seiner geografischen Nähe zur EU, seines gut ausgebauten Eisenbahnnetzes und der Mitgliedschaft in der Eurasischen Wirtschaftsunion wird Belarus von China als einer der wichtigsten Partner im Rahmen dieser Initiative angesehen.
Eisenbahnverbindungen zwischen China und der EU
China nutzt sein Auslandskreditprogramm für die Entwicklung der Infrastruktur als aktives Instrument zur Umsetzung der BRI. Im Rahmen dieses Programms wurden mehrere Vereinbarungen zwischen der Chinesischen Entwicklungsbank und der Export-Import-Bank von China auf der einen Seite und der Entwicklungsbank von Belarus sowie der belarussischen Regierung auf der anderen Seite geschlossen, um die belarussische Eisenbahninfrastruktur zu modernisieren und neue Industrieprojekte entlang der BRI-Route zu entwickeln.
Ein Schlüsselprojekt ist der im Jahr 2015 eröffnete Industriepark Great Stone bei Minsk. Diese chinesisch-belarussische Sonderwirtschaftszone sollte zu einem modernen Zentrum für die Herstellung und Lieferung von Hightech- und Innovationsprodukten mit hohem Exportpotenzial für die Eurasische Wirtschaftsunion und die europäischen Nachbarländer werden. Die politische Instabilität nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 und der anhaltende russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben sich jedoch inzwischen zu den wichtigen Hindernissen für die Verwirklichung dieser Ziele entwickelt.
Bilateraler Handel zwischen Belarus und China
Neben der infrastrukturellen Zusammenarbeit ist eines der Hauptziele von Belarus in seinen Beziehungen zu China die Intensivierung der Handelsbeziehungen und v.a. die Ausweitung seiner Exporte. Trotz eines leichten Wachstumstrends bleibt der Anteil Chinas an der Außenhandelsstruktur von Belarus jedoch weiterhin eher gering (Anstieg von 3,2% im Jahr 2010 auf 5,0% im Jahr 2021)
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Darüber hinaus sind die Handelsbeziehungen zwischen Belarus und China weiterhin stark asymmetrisch, wobei die Importe aus China gegenüber den belarussischen Exporten klar dominieren und ein anhaltendes und stetig wachsendes Handelsdefizit verursachen. Der leichte Anstieg des bilateralen Handelsvolumens seit 2010 ist hauptsächlich auf die wachsenden Importe aus China zurückzuführen (von 4,7% im Jahr 2010 auf 8,3% im Jahr 2021), während die belarussischen Exporte weiterhin stagnieren (auf China entfielen 1,52% der belarussischen Exporte im Jahr 2010 und 1,68% im Jahr 2021).
Die Gründe für diese Handelsasymmetrie liegen auf der Hand: China exportiert hauptsächlich hochwertige Industrieerzeugnisse, belarussische Unternehmen ihrerseits exportieren hauptsächlich Rohstoffe oder Waren mit geringer Wertschöpfung, die begrenzte Chancen auf dem wettbewerbsintensiven chinesischen Markt haben. Zudem besteht China im Bereich der gemeinsamen Infrastrukturentwicklung an der formalen Forderung nach einer Beteiligung mit einem Anteil von mind. 50%. Mindestens die Hälfte der Produkte, Waren und Dienstleistungen, die für die Durchführung gemeinsamer Projekte benötigt werden, werden also als Importe aus China eingeführt.
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Zusammenarbeit bei Investitionen (ADI und EF)
Wie die Grafik zeigt, sind Investitionen ein weiterer wichtiger Bereich der belarussisch-chinesischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit.
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Das Jahr 2012 war ein Sonderfall, da der Automobilhersteller Geely seine Produktionsstätte in Belarus eröffnete. Zwischen 2013 und 2021 stiegen die jährlichen Brutto-ADI-Zuflüsse aus China in die belarussische Wirtschaft um durchschnittlich 19,7%. Trotz dieses Wachstums waren die Direktinvestitionen nicht das Hauptinstrument der Investitionszusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Die EF, einschließlich Darlehen, Zuschüssen und technischer Hilfe, die die chinesische Regierung Belarus zur Verfügung gestellt hatte, spielten eine deutlich größere Rolle als die ADI-Zuflüsse.
Schätzungen zufolge belief sich der Gesamtbetrag der EF, den China zwischen den Jahren 2000 und 2019 für Belarus zugesagt hatte, auf mindestens 25,7 Mrd. USD. Wegen der intransparenten Daten lässt sich nur schwer abschätzen, wie viel von diesen Mitteln tatsächlich ausgezahlt wurde und für welche Projekte diese genau verwendet wurden. Vorliegende Informationen legen jedoch nahe, dass China neben der Finanzierung des Great Stone Industrieparks, EF für Projekte im Energiesektor, Transportwesen, Industrie- und Bausektor und für die Einrichtung von Sicherheits- und Überwachungssystemen für Verkehrsinfrastrukturen bereitgestellt hat.
Da die Schuldenlast des Landes inzwischen erheblich gestiegen ist, hat Belarus verschiedene Versuche unternommen, die Investitionszusammenarbeit mit China auf der Grundlage der ADI anstelle von EF zu gestalten. Im Jahr 2017 bot die belarussische Regierung 25 staatliche Unternehmen zur Privatisierung für ausschließlich chinesische Unternehmer an. Keines dieser belarussischen Unternehmen stieß jedoch auf chinesisches Interesse.
Ausblick
Die Zukunftsaussichten für die belarussisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen sind eher pessimistisch. Neben dem wachsenden Handelsdefizit, das die belarussischen Handelsbeziehungen mit China dominiert, üben der Krieg gegen die Ukraine und die verhängten Sanktionen zusätzlichen Druck auf Belarus und seine Wirtschaft aus. Derzeit kann Minsk seinem chinesischen Partner weder stabile Transitrouten noch ein gutes Investitionsklima bieten. Dies wirkt sich negativ auf die weitere Entwicklung der BRI-Route durch Belarus aus, die einer der wichtigsten Bereiche der belarussisch-chinesischen Wirtschaftskooperation ist. Gleichzeitig schränkt das begrenzte Interesse Chinas an einer Beschleunigung der ADI in Belarus die Aussichten auf ausgewogenere Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern noch weiter ein.
Bild: ©Jeanette Dietl-stock.adobe.com