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Carolin Busch, Veronika Movchan

Die größten Hemmnisse für Moldaus Obstexporte in die EU

Obst gehört zu den wichtigsten Exportgütern der Republik Moldau. Neben Äpfeln, welche die Obstausfuhren dominieren und überwiegend nach Russland exportiert werden, gehören auch frische Weintrauben und Pflaumen zu den wichtigsten Obstexportprodukten. In Anbetracht der Tatsache, dass Russland ein zunehmend unzuverlässiger Handelspartner für Moldau geworden ist, haben die Diversifizierung der Exporte und insbesondere die Ausweitung der Ausfuhren in die EU an Bedeutung gewonnen. GET ermittelte die moldauischen Obstprodukte mit dem größten Exportpotenzial auf dem EU-Markt, darunter frische Weintrauben, Kirschen, anderes Steinobst und Beeren. Darüber hinaus haben wir die wichtigsten Hemmnisse ermittelt, die derzeit die Expansion des Obst-Exports behindern.

  • Moldau
NL 75 | Januar - Februar 2023
Außenhandel und regionale Integration

Die drei größten Hemmnisse sind die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, der Zugang zu Kapital und die Zollverfahren. Für jedes dieser Hemmnisse skizzieren wir Optionen, um sie zu reduzieren.

Obstproduktion in Moldau

Die Republik Moldau ist traditionell sowohl Erzeuger als auch Exporteur von Obst und Gemüse. Das wichtigste Exportprodukt unter den Früchten sind derzeit Äpfel. Im Jahr 2021 analysierte das German Economic Team (GET) den Export von Äpfeln. Es zeigte sich, dass der russische Markt, in welchen in den vergangenen Jahren mehr als 90% der moldauischen Exporte gingen, langfristig kein vielversprechendes Potenzial für Moldau darstellt. Andererseits ist die Neuausrichtung der Apfelexporte auf die EU und andere Märkte eine Herausforderung. Im Jahr 2023 führte GET eine Folgeanalyse des Exportpotenzials von anderen Früchten als Äpfeln aus Moldau durch, um den Blick auf den Sektor zu erweitern. Wir ermittelten die Obstprodukte mit dem größten Exportpotenzial auf dem EU-Markt und die wichtigsten Engpässe, die die Expansion dieser Exporte behindern.

Ausfuhren von Obst (exkl. Äpfeln) aus Moldau

Moldau exportiert hauptsächlich frisches Obst, welches 75% der gesamten Obstausfuhren (außer Äpfeln) ausmacht. Frische Weintrauben und Pflaumen sind heute wertmäßig die wichtigsten Exportprodukte, weisen aber geringe Wachstumsraten auf. Andererseits sind die Exporte von frischen Beeren derzeit gering, weisen aber zwischen 2017 und 2021 hohe jährliche Wachstumsraten zwischen 25% (Himbeeren und Brombeeren) und 64% (Erdbeeren) auf. Darüber hinaus gehören einige verarbeitete Fruchterzeugnisse, wie Konfitüren und Gelees, zu den wichtigsten Exportprodukten beim Obst. Die EU ist bereits der wichtigste Exportmarkt für einige moldauische Produkte wie Pflaumen, Himbeeren und Konfitüren. Für andere Produkte, darunter frische Kirschen, Erdbeeren, Pfirsiche und Weintrauben, ist jedoch Russland das wichtigste Exportziel.

Der Markt für Obstimporte in EU-Ländern

Der Markt für Obstimporte in die EU-Länder hatte im Jahr 2021 einen Wert von 50 Mrd. EUR, wovon rund 44% aus Drittländern importiert wurden, hauptsächlich aus anderen Kontinenten wie Südamerika, Afrika und Asien. Auch wenn die Top 10 der Obstimporte stark von exotischen Früchten und Zitrusfrüchten dominiert werden, die Moldau nicht produziert, importieren die EU-Länder auch viele für Moldau traditionelle Früchte wie frische Trauben, Beeren und Pfirsiche. Allerdings handelt es sich bei den meisten dieser Obstimporte um Intra-EU-Handel. Die Expansion der moldauischen Obstexporte würde daher vor allem im Wettbewerb mit EU-Mitgliedstaaten stehen. Auf der Grundlage von drei Schlüsseldimensionen – 1) Exportleistung moldauischer Produkte; 2) Importleistung der EU; 3) Handelsinteraktion zwischen Moldau und der EU – haben wir die moldauischen Obstprodukte mit dem größten Exportpotenzial auf dem EU-Markt ermittelt.

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Auf der Grundlage von Interviews mit den wichtigsten Interessenvertretern haben wir den Sektor weiter analysiert, um derzeit bestehende Hemmnisse zu ermitteln, die eine weitere Ausweitung der Exporte dieser Produkte mit hohem Potenzial in die EU behindern.

Die wichtigsten Hemmnisse für Moldaus Obstexporte

Insgesamt haben wir neun Hemmnisse ermittelt, von denen drei derzeit die Ausweitung der Exporte stark behindern. Die wichtigsten Hemmnisse sind die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, der Zugang zu Kapital und die Zollabfertigungsverfahren.

Verfügbarkeit von Arbeitskräften: Die Obsterzeugung ist ein arbeitsintensiver Sektor, der nur begrenzt mechanisiert werden kann. Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften ist eingeschränkt, vor allem in ländlichen Gebieten, was in erster Linie auf die Abwanderung in städtische Gebiete und die Auswanderung in andere Länder zurückzuführen ist. Einige Stakeholder berichteten, dass sie saisonale Arbeitsmigranten aus Zentralasien beschäftigen. Insgesamt wurde jedoch die Suche nach ausreichend qualifizierten Arbeitskräften als eine große Herausforderung beschrieben. Darüber hinaus mangelt es den Arbeitskräften oft an wichtigen Fähigkeiten wie digitalen Kenntnissen. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, muss die Infrastruktur in ländlichen Gebieten, einschließlich der sozialen Infrastruktur, verbessert werden. Weitere mögliche Lösungen sind die Umstellung auf weniger arbeitsintensive Technologien, wo dies möglich ist, und auf die Bedürfnisse des Sektors ausgerichtete Ausbildungsprogramme.

Zugang zu Kapital: Ein weiterer schwerwiegender Engpass für den Obstsektor ist der Mangel an geeigneter Nachernteinfrastruktur, wie z. B. Sortieranlagen für Aprikosen oder Hydro-Kühlanlagen für Kirschen. Dieser Mangel steht in direktem Zusammenhang mit dem Zugang zu Finanzmitteln, der vor allem für Kleinbauern eingeschränkt ist. Bankkredite sind für Landwirte aufgrund der hohen Zinssätze oft unattraktiv. Um diese Probleme zu lösen, sollte die Möglichkeit geprüft werden, Moldau in EU-Programme zur Unternehmensentwicklung einzubeziehen. Eine weitere Option könnte ein gebergestützter Investitionsfonds für landwirtschaftliche Erzeuger sein. Auch die Förderung der Gründung von Genossenschaften könnte den Zugang der Landwirte zu Finanzmitteln für gemeinsame Investitionen erleichtern.

Zollabfertigung: Da es sich bei Früchten um ein Produkt mit kurzer Haltbarkeit handelt, erhöht jede Verzögerung beim Transport das Risiko von Qualitätseinbußen oder Verderben und könnte sogar zu Strafen wegen der Nichteinhaltung von zeitgebundenen Verträgen führen. Die Befragten berichteten von Verzögerungen von 1 bis 2 Tagen aufgrund langsamer Zollverfahren sowohl auf moldauischer als auch auf rumänischer Seite. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hat sich dieses Problem mit dem zunehmenden Verkehr an den moldauisch-rumänischen Grenzen noch verschärft. Wir empfehlen die Ausweitung des Einsatzes gemeinsamer moldauisch-rumänischer Zollkontrollen auf alle Grenzübergänge, um die Kontrollen zu beschleunigen. Eine weitere Möglichkeit wäre, einzelne Grenzübergänge für bestimmte Produkte und Bestimmungsorte zu reservieren. Außerdem sollte die Beantragung des Status eines Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO) unter den Obstproduzenten gefördert werden.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Analyse hat gezeigt, dass moldauisches Obst ein signifikantes Potenzial für die Expansion der Exporte in die EU hat. Da es sich bei Obst um landwirtschaftliche Erzeugnisse mit hoher Wertschöpfung handelt, stellt dies ein erhebliches Entwicklungspotenzial für den Sektor dar. Darüber hinaus ist eine zusätzliche Umorientierung von Erzeugnissen, die derzeit in großen Mengen nach Russland exportiert werden, in die EU möglich. Dennoch ist der Sektor gegenwärtig mit einer Reihe von Hemmnissen konfrontiert. Wir haben die drei drängendsten Herausforderungen untersucht: Verfügbarkeit von Arbeitskräften, Zugang zu Kapital und Zollverfahren. Neben den hier empfohlenen Maßnahmen sind die EU-Zollkontingente (TRQ) ein weiterer wichtiger Faktor. Diese stellen derzeit kein erhebliches Hemmnis dar, da sie im Jahr 2022 vorübergehend ausgeweitet wurden. Die Wiedereinführung der ursprünglichen Zollkontingente könnte jedoch eine weitere Ausweitung der Exporte und die Reorientierung begrenzen. Eine Einigung mit der EU über eine dauerhafte Abschaffung der Zollkontingente wäre daher im Interesse der moldauischen Landwirte.

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Dieser Newsletter basiert auf dem in Kürze erscheinenden Policy Briefing: Export potential for Moldova’s fruits on the EU market und dem in Kürze erscheinenden Policy Briefing: Key bottlenecks for Moldova’s fruit exports to the EU.