Batteriespeicher in Armenien im Kontext der Energiesicherheit
In den letzten Jahrzehnten hat sich das armenische Stromsystem stark gewandelt. Steigender Verbrauch, das Streben nach mehr Energieunabhängigkeit und die Bemühungen um Dekarbonisierung führten zu massiven Investitionen in erneuerbare Energien (EE) – vor allem Photovoltaik. Dies sind zwar Schritte in die richtige Richtung, jedoch stellt die Variabilität der EE auch eine Herausforderung für das Stromnetz dar.
Batterieenergiespeichersysteme (BESS) könnten Armenien helfen, diese Variabilität auszugleichen und gleichzeitig lokal erzeugten grünen Strom zur Gewährleistung der Energiesicherheit zu nutzen. Das Nutzungspotenzial von BESS hängt jedoch eng mit der Entwicklung grenzüberschreitender Stromverbindungen zusammen.
Hintergrund: Das Dilemma der Energiesicherheit
Armenien ist in hohem Maße von Energieimporten abhängig: 81% seines Primärenergiebedarfs und 100% der Energieträger für die Stromerzeugung stammen aus dem Ausland – hauptsächlich aus Russland und in geringerem Umfang aus dem Iran. Diese Abhängigkeit, verschärft durch einen alternden thermischen Kraftwerkspark, treibt den Ausbau neuer Kapazitäten im Land voran. Solide Solareinstrahlung übers Jahr, sinkende Kosten sowie Vorteile für die Energieunabhängigkeit und Dekarbonisierung haben Photovoltaik als Schlüsseltechnologie für diese Energiewende in Armenien etabliert. Dank eines äußerst attraktiven staatlichen Förderprogramms hat der Einsatz von Photovoltaikanlagen in den letzten Jahren ein steiles Wachstum erfahren. Allerdings überholte die Installation neuer Anlagen die Netzentwicklung und bereitet somit Probleme für die Netzstabilität. Die starken tageszeitlichen Schwankungen der Solarstromerzeugung erfordern flexible Kraftwerke, die parallel betrieben werden können. Die Erzeugung muss tagsüber schnell reduziert werden, um Solarenergie ins System aufzunehmen, und nachts wieder hochgefahren, um die Nachfrage zu decken. Armeniens eher unflexibler Kraftwerkspark ist dieser Aufgabe nicht gewachsen. Das armenische Kernkraftwerk und andere Wärmekraftwerke werden in unerwünschte – und teilweise besorgniserregende – Betriebsmuster gezwungen, während es immer häufiger zu Stromausfällen im Land kommt.
Zwei mögliche Lösungen im Gespräch
Zur Bewältigung der Herausforderungen des armenischen Stromsystem werden hauptsächlich zwei Ansätze erwogen: Einerseits der Ausbau der Übertragungskapazitäten mit dem Iran und Georgien für den Export von Solarüberschüssen, andererseits der Einsatz von Energiespeichersystemen zur Verlagerung der Solarerzeugung in Lastspitzenzeiten. Derzeit gibt es zwei Projekte zum Ausbau der Übertragungskapazitäten. Die neue Leitung mit dem Iran, die dieses oder nächstes Jahr fertiggestellt werden soll, wird die Kapazität von 350 MW auf 1.200 MW erhöhen. Das lang verzögerte Back-to-Back (B2B) mit Georgien würde einen nahtlosen Stromübertragung ermöglichen und die Kapazität zunächst von 150 MW auf 350 MW erhöhen, mit einer möglichen Erweiterung auf 700 MW.
Die Pläne für Energiespeicher sind dagegen weniger konkret. Verschiedene Technologien kommen in Frage. Pumpspeicherkraftwerke bieten zwar Langzeitspeicherung zu geringen Betriebskosten, erfordern jedoch hohe Anfangsinvestitionen und lange Genehmigungsverfahren. Batteriespeicher sind für kurzfristige Ausgleichseffekte und die Kompensation von Tageslastschwankungen von EE besser geeignet.
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Lithium-Ionen-Batterien – vielversprechende Option
Aufgrund der in den letzten zehn Jahren um 85% gesunkenen Produktionskosten und der Größenvorteile sind BESS auf Lithium-Ionen-Basis anderen chemischen Speichertechnologien überlegen und werden weltweit rasch ausgebaut. Beispiele hierfür sind die 8,5 GW installierte Kapazität zum Ausgleich hoher Solarstrommengen in Kalifornien sowie ein neu angekündigtes 250-MW Projekt des deutschen Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW für die Entlastung des Netzes.
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Analyse von BESS-Einsatzszenarien für Armenien
Um das Potenzial von Batteriespeichern zu analysieren, untersuchte das German Economic Team den optimalen Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien mit Schwerpunkt auf Energieausgleich und -sicherheit. Dafür wurde ein techno-ökonomisches Modell des armenischen Stromsystems für 2030 entwickelt, das Faktoren wie Nachfragwachstum und den Ausbau von EE einbezieht.
Der Ausbau der Übertragungskapazitäten mit dem Iran und Georgien würde die Ausgleichsmöglichkeiten verbessern und den Speicherbedarf minimieren. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die optimale Nutzung von BESS wurden auf der Basis verschiedener Szenarien analysiert. Darüber hinaus wurden die Risiken für die Energieversorgungssicherheit unter zwei Szenarien untersucht: Ein starker Anstieg der Gasimportpreise und eine Kombination dieses Preisanstiegs mit einem Rückgang des Stromhandels mit Iran und Georgien.
Abschließend wurden die Modellergebnisse durch eine wirtschaftliche Bewertung ergänzt, die Finanzierungskosten, Ertragsströme sowie die Auswirkungen der Investitionen auf den Gasverbrauch und die damit verbundenen CO₂-Einsparungen analysiert.
Analyse der Vorteile von BESS in Armenien
Zwei Investitionsoptionen wurden identifiziert. Bei bestehenden Übertragungskapazitäten ist ein Tandem-Batteriesystem (60 MW, 2 Std. + 20 MW, 4 Std.) kosteneffizient. Sobald das Übertragungsprojekt mit dem Iran abgeschlossen ist, erscheint der Einsatz von Batterien weniger dringend.
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Unter Berücksichtigung der Energiesicherheit wäre eine 30 MW (4 Std) Batterie zur Absicherung gegen Risiken wie starke Gaspreisanstiege oder unerwartete Rückgänge im Stromhandel sinnvoll.
Mit Übernacht-Kapitalkosten von 78 Mio. USD für die erste und 41 Mio. USD für die zweite Option sowie ähnlichen maximalen Erträgen war keine der beiden Optionen ein klarer kommerzieller Fall, auch nicht bei einem Vorzugszinssatz von 1,5%. Die 30 MW (4 Std) Batterie bietet dabei das beste Risiko-Ertrags-Verhältnis. Weitere Berechnungen zur Verringerung des Gasverbrauchs und der CO2-Einsparungen ergaben, dass diese Vorteile zwar vorhanden, aber marginal sind und nicht die primäre Rechtfertigung für die Investition sein sollten.
Ausblick
Mit dem bevorstehenden Abschluss des Übertragungsausbaus mit dem Iran, welcher den Bedarf an größeren Speicherkapazitäten verringert, würde der Einsatz einer 30 MW (4 Std.) Batterie das armenische Netz stärken und Risiken aus externen Marktfluktuationen mindern. Diese Option bietet das beste Risiko-Ertrags-Verhältnis aufgrund der geringeren Investitionskosten. Um eine kosteneffiziente Umsetzung zu gewährleisten, müsste eine Machbarkeitsstudie zur Prüfung des optimalen Standortes, Eigentumsmodels und Auswirkungen auf die Netzgebühren durchgeführt werden. Eine Finanzierung zum Vorzugszinssatz durch internationale Finanzinstitutionen würde die Kosten für staatlich geführte Projekte senken. Zudem sollten regelmäßige Bewertungen durchgeführt werden, um den Bedarf an Energiespeichern an die sich entwickelnde Energienachfrage und den Ausbau der erneuerbaren Energien anzupassen.
Dieser Newsletter basiert auf der Studie „Battery Energy Storage Systems (BESS) in Armenia: Potential and role for energy security“