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  • 30.08.2022

Informationsveranstaltung im BMWK: Der Krieg in der Ukraine im Mittelpunkt

Am 30.08.2022 fand der erste Teil der 21. Informationsveranstaltung des BMWK mit dem German Economic Team zur Regierungsberatung statt. Im Mittelpunkt standen die Ukraine, Moldau, Georgien und Armenien.  Die Veranstaltung wurde von Frau Yildiz Götze, Referatsleiterin im BMWK, moderiert. Dr. Andreas Nicolin, Unterabteilungsleiter im BMWK, eröffnete die Veranstaltung.  

Erwartungsgemäß bildete der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf die Nachbarstaaten den Schwerpunkt der Veranstaltung. Zur politischen Situation in der Ukraine hielt Dr. Bertram von Moltke, Gesandter an der deutschen Botschaft in Kiew, einen einleitenden Vortrag, der die Ausführungen zu den wirtschaftlichen Entwicklungen im Land in den politischen Kontext einbettete.  

Die ukrainische Volkswirtschaft ist insgesamt von den Kriegsfolgen schwer gezeichnet. Gegenüber dem Vorjahr wird mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um 32% gerechnet. Dies ist nicht nur auf die immense Zerstörung wirtschaftlicher Infrastruktur, sondern auch auf den Einbruch der Exporte sowie die signifikanten Flüchtlingsbewegungen und den Einkommensverlust vieler ukrainischer Haushalte zurückzuführen. Zudem leidet das Land unter den Folgen der hohen Inflation sowie eines massiv gestiegenen Haushaltsdefizits aufgrund des kriegsbedingten Ausnahmezustands. Während die BIP-Prognose mit Unsicherheit behaftet ist, steht die Notwendigkeit eines umfassenden Wiederaufbauprogramms für die Zeit nach dem Krieg außer Frage. Im Zuge eines Wiederaufbauplans, der maßgeblich von der EU initiiert und vorangetrieben wird, müssen auch politische Reformen erfolgen. Außerdem wird das Land auf absehbare Zeit finanzielle Hilfe durch seine Partner erhalten müssen.  

Die mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen des Krieges haben Auswirkungen auf den gesamten post-sowjetischen Raum. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen insbesondere die Energiepreisinflation, die Schwächung der russischen Wirtschaft in Folge der europäischen und amerikanischen Sanktionspolitik sowie Migrationsbewegungen aus der Ukraine und Russland. Moldau, Georgien und Armenien wurden anhand dieser drei Parameter untersucht und die Ergebnisse im Rahmen der Informationsveranstaltung vorgestellt.  

Moldau ist von allen drei o.g. Krisenphänomenen stark betroffen. Das Land ist nicht nur ein Hauptziel für ukrainische Flüchtlinge, sondern auch in hohem Maß abhängig von russischen Gasimporten. Die Importpreise sind in Folge eines neuen Liefervertrages mit Gazprom enorm gestiegen, was sich u.a. in einer hohen Inflation äußert. Ein möglicher Ansatzpunkt könnten Energieeffizienzmaßnahmen im Gebäudebestand sein, um den Verbrauch zu senken, mittelbar den Staatshaushalt zu entlasten und die Abhängigkeit von Russland zu mindern. Hierzu muss auch die Verstromung von Gas überdacht werden. Im Agrarsektor profitiert das Land als Exporteur einerseits von gestiegenen Getreidepreisen, andererseits erschweren gestiegene Inputpreise und Logistikprobleme aufgrund des Krieges die Produktion. Darüber hinaus ist der Export von Agrarprodukten nach Russland zurückgegangen, wenn auch in geringerem Umfang als ursprünglich befürchtet. Insgesamt befindet sich Moldau in einer Phase wirtschaftlicher Stagnation und hoher Inflation (“Stagflation”). 

Für Georgien sind die Aussichten wesentlich positiver: Das Land profitiert von einem Zustrom russischer und belarussischer Arbeitsmigranten, außerdem hat sich der private Konsum erholt. Zudem sind auch im laufenden Jahr die Warenexporte gestiegen und die Umsätze aus Dienstleistungsexporten beinahe wieder auf Vor-Corona-Niveau. Dank eines langfristigen Liefervertrags mit Aserbaidschan ist das Land nicht von russischen Gasimporten abhängig, wenngleich die gestiegenen Ölpreise auch an Georgien nicht spurlos vorüber gehen. Georgische Exporte nach Russland sind von der Krise kaum betroffen, während die Rücküberweisungen leicht zurückgehen könnten und der Tourismus aus Russland wahrscheinlich negativ betroffen sein wird.  

Ebenso wie Georgien profitiert Armenien vom Zuzug russischer Migranten. Das Bruttoinlandsprodukt wird 2022 im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich um 4,6% wachsen, getrieben hauptsächlich durch privaten Konsum und Investitionen, sowie des bereits erwähnten Zustroms russischer Migranten. Auch das verarbeitende Gewerbe und das Baugewerbe entwickeln sich positiv. Die Aufwertung des Drams gegenüber dem US-Dollar dämpf die Inflation. Insgesamt scheinen die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf Armenien überschaubar oder zeitigen sogar leicht positive Effekte. Armenien ist zwar im Energiesektor stark von Russland abhängig, doch sind dank garantierter Fixpreise bis Jahresende im Vertrag mit Gasprom die Auswirkungen bisher begrenzt. Der Preis für russisches Öl ist hingegen nur wenig gestiegen. Insgesamt sind die Auswirkungen des Krieges auf Armenien moderat bis begrenzt.  

Unser Dank gilt dem BMWK für die Organisation der Veranstaltung sowie allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für das rege Interesse. Zudem möchten wir uns ausdrücklich beim Herrn Gesandten Dr. von Moltke für den Input-Vortrag bedanken.